Fly me to the Mars - next level Leadership
David Bowie und Jeff Bezos, Giganten aus unterschiedlichen Welten, die als “gamechanger” ganze Industrien jeweils auf ihre individuelle Weise transformiert haben. Grund genug beide Führungskräfte einmal näher zu betrachten, sachlich und ohne zu polemisieren zu überprüfen was beide vielleicht bis dato unbekannterweise verbindet. An dieser Stelle lassen wir dem Musiker den Vortritt. Bowie wird beschrieben von einem, der sich dabei auch auskennt: Oliver Welter, Leadsänger von Naked Lunch.
David Bowie
„David Bowie ist nicht gestorben, er ist nur heimgekehrt“, so lautete der schöne Konsens von Bowies weltumspannender Fangemeinde kurz nach seinem Tod im Jänner 2016. Ein tröstlicher Gedanke, inspiriert von ihm selbst, der sich seit Anbeginn seiner über 50 jährigen Karriere künstlerisch mit den Sternen, den Weiten des Alls und dem Mensch als Teil eines großen Gefüges beschäftigte.
I’M A BLACKSTAR
Unglaubliche zwei Tage nur vor seinem tragischen Ableben veröffentlichte der wohl größte Visionär und Pionier der musikalischen Gegenwart - trotz schwerer Krankheit - mit „Blackstar“ sein finales Vermächtnis und damit auch sein 25. Studioalbum (hinzu kommen noch 19 Live Platten, 61 Kompilationen u.s.w.).
„I am a black star“ singt er auf der gleichnamigen Single, wissend, dass sein (zumindest irdisches) Licht bald erlöschen wird. Aber, wie bei allen großen Männern und Frauen, ist sein Vermächtnis nicht weinerlich oder angstbesetzt, sondern wissend, klug und abgeklärt. Einer wie Bowie, der muss sich am Ende nicht mehr beweisen.
Ziggy Stardust, die erste Kunstfigur im Pop
Die Visionskraft und der Pioniergeist von David Bowie zu Lebzeiten waren unglaublich. Immer wieder formte und feilte er an seinem Produkt, nämlich sich selbst, wie es kaum ein anderer in der Popmusik je getan hat. Der Stillstand, das Verharren oder die Unbeweglichkeit, waren nicht sein Ding. Als sich nach seinen ersten beiden Platten der Erfolg nicht richtig einstellte, erdachte er sich die Kunstfigur Ziggy Stardust, in die er dann schlüpfte. Gegen den heftigen Widerstand seiner Band nannte er diese fortan The Spiders from Mars. Er selbst designte damals Anfang der 1970er Jahre eine so noch nicht gekannte Bühnenshow und machte aus sich und der Band unnahbare, androgyne Wesen. Das weltweite Echo war enorm und Bowie wurde über Nacht ein Superstar. Die darauffolgende USA Tour stieß sowohl konzeptuell, als auch technisch in neue Dimensionen vor.
Der Unternehmer David Bowie
Sein musikalisches und damit auch unternehmerisches Credo (es ging ihm immer um die Marke „Bowie“) war die Flexibilität, der Drang und der Mut für das Neue. So kollaborierte er in den 1980er Jahren mit anderen gigantischen Ausnahmekünstlern, wie etwa Tina Turner oder Queen Sänger Freddie Mercury auf absoluter Augenhöhe, um sich in den 90er Jahren dann mit viel jüngeren Musikern zusammenzutun und sich von ihnen inspirieren zu lassen. Bis zu seinem Tod bereiste Bowie immer wieder die ganze Welt, ständig auf der Suche nach neuen Talenten, neuen Musikformen und damit möglichen, neuen Einflüssen, wobei der Wert der Marke Bowie immer weiter stieg.
Was mich persönlich an David Bowie am meisten fasziniert,…
… das sind genau die oben beschriebenen Punkte. Mit unglaublichem Talent gesegnet, hart arbeitend und mit zwei sehenden Augen für Kommendes und Zukünftiges spielte Bowie immer nur in seiner eigenen Liga. Mehr noch, immer wieder definierte er die Zukunft von Kunst und Musik. Seine Mitstreiter*Innen wurden immer nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen gesucht und auch gefunden. David Bowie war beweglich, immer mutig, teils radikal und gedanklich den meisten anderen einige Schritte voraus.
Eben ein Entrepreneur in eigener Sache!
Und damit wären wir schon bei Jeff Bezos, der von Werner Sattlegger, Founder und CEO Art of Life beschrieben wird.
JEFF BEZOS
“Internethandel wird sich nicht durchsetzen“, wie habe ich diese Worte von Handelsunternehmern vor einigen Jahren im Rahmen eines Workshops noch im Ohr. Heftig wurde dabei argumentiert, dass Handel nur in stationären Geschäften stattfinden wird und Onlinehandel nur ein sehr kurzfristiger Trend sei. Ebenso heftig wurde von Gewerkschaftern die schlechten Arbeitsbedingungen des Unternehmens Amazon an den Pranger gestellt, genau um den Gründer dieses Unternehmens geht es hier, vor allem ein persönliches Wirken und Prinzipien.
Dazu muss man wissen, dass Jeff Bezos einen gut dotierten Job an der Wall Street aufgeben hat, mit dem Auto quer durch die USA gefahren ist, um an der Westküste Amazon zu gründen. Und zwar als so kleines Start Up, dass er die ersten Jahre persönlich im Wohnzimmer den Versand organisiert und die Ausfuhren persönlich durchgeführt hat. Er hat mit ganz kleinen Schritten begonnen, war sich als ehemaliger Wall Street Banker für nichts zu schade. Er wurde in dieser Zeit nicht nur belächelt und ausgelacht, sondern er erhielt über 40 Absagen von Investoren, die ihm alle (im Jahr 1994) dieselbe Frage gestellt haben: „Was ist das Internet?“ Trotz aller Rückschläge und Ablehnungen am Anfang erkannte er als einer der ersten Menschen das unglaubliche Potential des Internets.
Er hat mit ganz kleinen Schritten angefangen und dabei eine Leadership Philosophie der praktischen Schritte entwickelt. Diese sind für neue Führungskräfte bei Amazon oft ein Kulturschock, sind sie doch diametral anders, als bei anderen Unternehmen:
“It is always day one”
“Beginners mind“ wird bei Amazon dadurch bewahrt, indem immer der Kunde radikal in den Mittelpunkt gestellt wird. Und nicht als buzzword, sondern als integraler Bestandteil der Organisationsentwicklung. Wie dem Kunden noch besser oder schneller einen Nutzen stiften? Darum geht es in jedem Meeting. Um das sicherzustellen, wird dem Kunden am Besprechungstisch bei Amazon Meetings ein imaginärer Stuhl zugewiesen, damit darauf nie vergessen wird.
Um „dummes Geschwätz und Wichtigtuerei“ (Orginalton Manager Amazon) in Meetings zu verhindern, gibt es ein absolutes Power Point Verbot. Wenn eine Führungskraft ein Thema vorstellt, muss er es vorher in einem schriftlichen Memo vorbereiten, das dann alle Sitzungsteilnehmer gemeinsam und leise (ca. halbe Stunde) durchlesen, wie in einem Lesesaal einer Unibibliothek. Danach werden Unklarheiten ausgeräumt und danach entschieden. Die Meetings bekommen so Tiefe, Gehalt und Kraft.
„Minimize regrets“
Jeff Bezos denkt und handelt nicht in kurzfristigen Quartalen, sondern geht immer von einer sehr langfristigen Zukunft aus, um „minimize egrets“ sicherzustellen. Bei allen großen Weichenstellungen oder Entscheidungen wird die Frage nach den Auswirkungen in vielen Jahrzehnten gestellt. Konsequent und rigoros werden Führungskräfte im Unternehmen mit der Frage konfrontiert: werden wir in Jahrzehnten etwas bereuen, wenn wir in die eine oder andere Richtung gehen? So verhindert Amazon Komfortzonen, die bloß ignorant und überheblich machen.
“Passion is picking you”
Unternehmer und Führungskraft zu sein, ist mit so vielen Schwierigkeiten verbunden, sodass man nur erfolgreich ist, wenn man den „Entwicklungsprozess“ liebt und daraus Energie bezieht. Nicht der Award, das Ergebnis wie der Gehalt sind wichtig, sondern es ist die Freude am Tun, die zählt. All das gelingt nur mit „Passion“, die für Bezos etwas völlig anderes ist, wie Karriere oder Beruf.
Es ist eine Form eines „callings“!
Man ist bereit dafür gerufen zu werden, und dann hat man aber keine Wahl. Man muss dem Ruf folgen, ohne Wenn und Aber, ohne doppelten Boden.
“Be proud of your hard work”
Für seine Talente oder für das, was man sonst im Leben geschenkt bekommt, soll man dankbar, aber nicht stolz sein.
Stolz sein kann man nur für die harte Arbeit , die man bereit ist zu leisten und für die man eine Entscheidung getroffen hat. Um mit dieser harten Arbeit auch langfristig erfolgreich zu bleiben, ist es notwendig, „nimble und robust“ zu sein. Flink und schnell auf Veränderungen zu reagieren, aber robust genug, um Rückschläge auszuhalten und wieder aufzustehen. Und man muss bei der Verfolgung seiner Vision einerseits stur sein, aber gleichzeitig auch flexibel bei den Details der Umsetzung.
Warum bewegt mich diese Leadership Philosophie?
Als reichster Mensch der Erde polarisiert Jeff Bezos wie kein anderer und wird oft in die Ecke eines kapitalistischen Ausbeuters gedrängt. Was ich aber an der Diskussion, vor allem in Österreich so vermisse, ist, dass es all diese Schlechtmacher von Amazon in keiner Form besser gemacht haben. Alle hätten die gewaltige Entwicklung des Internets erkennen können, nur keiner konnte es. Und wenn man die praktische Umsetzung seiner Leadership Philosophie bei Amazon ansieht, merkt man schnell – der Erfolg von Amazon ist kein Zufall.
Was verbindet nun Jeff Bezos und David Bowie?
Beide haben nachweislich “Berge bewegt”, Industrien transformiert und sind konsequent völlig neue Wege gegangen, trotz aller Widerstände.
Was beide offensichtlich eint ist die Fähigkeit, nicht nur langfristig in die Zukunft zu schauen, sondern von dieser auch her zu handeln und zu denken. Das ist deshalb erstaunlich, weil diese Art zu denken sehr viel Disziplin erfordert, denn normalerweise denken wir immer nur aus den Umständen der Gegenwart.
Aber diese Art zu denken macht den Unterschied aus und verändert alles. Der Rest, wie Beharrlichkeit, Mut, Fokus und vieles mehr sind dann eher notwendige “Gewürze für eine Mischung”, die in der Tat die Welt verändern.
Solche Mischungen brauchen wir gerade jetzt in dieser Zeit ganz dringend.
Literaturtipp
"David Bowie: Ein Leben“ von Dylan Jones
”U-Theory” von Otto Scharmer
Platten-Tipp: „The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars“
„Legacy - The very best of David Bowie“
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