Last lectures

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Steve Jobs als visionärer Unternehmer, David Foster Wallace als genialer Literat, beide haben in völlig unterschiedlichen Disziplinen die Welt verändert. Und beide haben voneinander unabhängig ein Jahr vor ihrem Tod Reden vor College Studenten gehalten, deren Bedeutung für die Ewigkeit ist. Die aktuelle Relevanz ihrer Worte, darum geht es in dieser heutigen Rezension von Oliver Welter und Werner Sattlegger

Steve Jobs und David Foster Wallace sind ihrer Berufung leidenschaftlich gefolgt, haben mutig, radikal und kreativ Neues in die Welt gesetzt, vor allem sind Wallace ist anderen Menschen mit Respekt, Achtung und Empathie begegnet. Beide kann man mit ihrer sehr synchronen Lebensphilosophie als Hippies bezeichnen, beide waren in Ihrem Schaffen erfolgreich, weil konsequent und revolutionär. Und sicherlich haben sie sich auch gegenseitig geschätzt! 

DAVID FOSTER WALLACE „THIS IS WATER“ 


Zwei junge Fische schwimmen im Wasser. Kommt ihnen ein alter Fisch entgegen und sagt: „Morgen Jungs. Wie ist das Wasser?“ Die Jungfische schwimmen stumm weiter, bis einer sich zum anderen dreht und fragt „Was zum Teufel ist Wasser?“
Mit dieser durchaus witzigen Parabel darüber, dass die einfachsten und wichtigsten Dinge oftmals am schwersten zu erkennen sind, beginnt der Autor David Foster Wallace - für viele der Beste seiner Generation - 2005 seine berühmt gewordene, vielzitierte und atemberaubende Abschlussrede vor Absolventen des Kenyon College in den USA. Am Ende dieser Rede lagen sich die Absolventen zum Teil weinend in den Armen, oder mussten von ihren Professoren getröstet werden, so sehr traf sie das Gesagte ins Mark. 

“The essential lonesomeness of adult life”

 Im Grunde sprach Foster Wallace nur über Dinge, die die jungen Menschen, trotz langer Ausbildung, so nie gehört hatten. Von der Einsamkeit eines Erwachsenenlebens sprach er und meinte damit, dass den Absolventen jetzt zwar die Welt zu Füßen läge und sie eine tolle Karriere machen könnten, sie aber in ihrem kommenden Leben auch die zweite Seite der Medaille („the other side of the coin“, Steve Jobs) kennenlernen würden. Die zweite Seite ist für ihn etwa die Einsamkeit eines Erwachsenenlebens, in dem sich jeder selbst um sich zu kümmern hat und jeder für sich alleine mit Alltag, Stress und starrem Zeitplan auskommen muss.  

“The difficulty of empathy”

Um echte Empathie für unsere Mitmenschen zu empfinden, müssten wir unseren Blick immer wieder schärfen, neu justieren und unsere „eigenen Wahrheiten“ immer wieder hinterfragen. Die Dame vor uns in der ewig langen Reihe im Supermarkt, die wahnsinnig nervt und unerträglich laut mit ihren beiden Kindern schreit, kann vielleicht einfach nicht mehr, weil sie wegen einer Krankheit von einem der Kinder nächtelang nicht mehr schlafen konnte. Und der Vollidiot, der uns mit 180 Sachen im Straßenverkehr schneidet, ist vielleicht gar kein Idiot, sondern ein Verzweifelter, der einfach so schnell als möglich ins Krankenhaus muss, um seine grad verunglückte Frau zu sehen. Solche Beispiele bringt Foster Wallace an, wenn er von der „anderen Wahrheit“ spricht und meint damit auch die Diversität aller Dinge, die universell und unverrückbar ist.
Weiters argumentiert Foster Wallace, dass der Hauptzweck einer höheren Bildung nicht darin bestehe, Karriere zu machen, sondern dies die Fähigkeit sei, selbst und freiwillig darüber zu entscheiden, wie man Menschen wahrnimmt. Die wahre Freiheit, die durch Bildung erreicht wird, sieht er in der Befähigung, bewusst und verständnisvoll zu agieren. So könnten wir auch unsere Standardeinstellungen („default settings“), dass sich eben alles nur um uns selbst dreht, überwinden, und somit Grundvoraussetzungen für ein glückliches und sinnvolles Leben schaffen.

Was bedeutet diese Rede für mich persönlich?

Oft schon habe ich diese außergewöhnliche Rede gelesen und einmal sogar als Monolog eines sehr guten Schauspielers gehört und erlebt. Und immer wieder war und bin ich tief im Herzen berührt und getroffen von diesen entwaffnenden Worten aus dem Mund eines Menschen, der, außergewöhnlich intelligent (sein Studium schloss er mit summa cum laude ab), aus gutem Hause kommend und mit zig Talenten gesegnet (um ein Haar wäre er Tennisprofi geworden), alles hätte sein können im Leben. Er nahm aber den wohl steinigsten und einsamsten aller Wege, den des Poeten. Durch konsequente und beharrliche Arbeit, sowie durch brillante Bücher und Essays konnte er bald auf eine weltweite Fangemeinde bauen. Einer dieser treuen Fans und Bewunderer bin ich!

STEVE JOBS „STAY HUNGRY – STAY FOOLISH

„Stay hungry. Stay foolish“, mit diesen Worten endet die commencement speech von Steve Jobs, gehalten am 12. Juni, 2005 am Campus der Stanford Universität.

Keine platten Worthülsen, sondern persönliche, schonungslose Offenheit von einem Menschen, der in seinem Leben viel „Kreide“ essen musste. Sei es die Tatsache, dass er nach der Geburt zur Adoption freigegeben wurde, der Abbruch des Studiums oder, nach erfolgreicher Firmengründung, der Rauswurf aus dem eigenen Unternehmen. Oder später seine schwere Erkrankung, viel blieb Steve Jobs in seinem Leben nicht erspart.  Und doch blickte er trotz aller Widrigkeiten nicht nur nach vorne, sondern diese machten ihn noch stärker. So stark, dass er gesamte Industrien disruptiert hat: sei es mit dem Unternehmen NEXT die Filmindustrie, mit dem I Pod -Player die Musikindustrie oder mit dem I Phone unsere Kommunikation. 

Ohne einfache Patentrezepte oder Lebenshilfen zu bieten, gibt Steve Jobs sehr bewegende Einsichten aus seinem Leben, die er in dieser Rede in folgende 3 Geschichten auf den Punkt bringt. 

You are already naked“

 Seine Erfahrungen mit Adoption, Geburt und Tod haben ihn bestärkt, sich sein ganzes Leben daran zu erinnern, dass man sterben müsse. Dies sei die beste Art das zu leben, was wirklich wichtig sei: Mut, seine Leidenschaft zu finden, seiner Intuition zu folgen und Kreativität, um radikal zu leben.

Connecting the dots”

Als Student hatte sich Steve Jobs intensiv mit japanischer Kalligraphie beschäftigt, ohne konkreten Nutzen, einfach weil sein Interesse dorthin ging. Erst Jahrzehnte später fand sein Wissen über die Zen Tradition im Design zu den Apple Produkten. Man muss Vertrauen, dass sich die „Punkte im Leben“ irgendwann verknüpfen, was man aber immer nur im Nachhinein erkennen kann. Die beste Versicherung dafür ist, seinem Herzen zu folgen. 

„Love and Loss“

Seit seiner Geburt, beginnend mit der Adoption bis zum Rauswurf bei Apple, hat Jobs massivste Ablehnungen oder Zurückweisungen erfahren. Aber er blieb „in love“ wie er es ausdrückte, und konnte durch diese so schmerzvollen Erfahrungen reifen. 

Was bedeutet diese Rede für mich persönlich?

Ich erlebe gerade in den letzten Jahren den Drang vieler Menschen, im Sinne einer Selbstoptimierung das glatte, leichte und glückliche Leben zu finden. Maximaler Lustgewinn und Schmerzvermeidung, das ist das Ziel aller Selbsthilfebücher und küchenpsychologischer Patentrezepte. Aber das Leben ist oft weder glatt noch leicht, es stellt uns vor Herausforderungen, mit denen wir lernen müssen umzugehen. Das hat uns Steve Jobs, bei aller Ambivalenz seiner Persönlichkeit, vorgelebt. 

Und dies ohne im sicheren Glaskasten einer Komfortzone zu verharren, ohne überheblich und arrogant zu werden, sondern „on the edge“ und „all in“: kompromisslos, radikal und mutig, genau das ist es, was wir mitnehmen dürfen. 

Die Beiden, Jobs und Foster Wallace, sind leider viel zu früh von dieser Welt gegangen. Ihr Werk und ihre Gedanken haben heute mehr Relevanz denn je. Das was wir nun brauchen sind Mut, Kreativität, Empathie und die Beharrlichkeit, Dinge zu verändern.

Literaturliste 

David Foster Wallace „Infinite Jest“ 
David Foster Wallace „Das hier ist Wasser / This is water“:  Anstiftung zum Denken - zweisprachige Ausgabe
Jonathan Franzen „Die Korrekturen“

Randy Pausch, “Last Lecture”

Autoren

Oliver Welter, Musiker & Bandleader & Autor

Werner Sattlegger, Founder & CEO Art of Life