Die Kraft des Zuhörens
„Zuhören ohne zu bewerten ist
die höchste Form menschlicher Intelligenz“
(Krishnamurti)
„Bla Bla“ oder „Geschnatter“, viel reden ohne wirklich etwas zu sagen, wer kennt das nicht, entweder im persönlichen Umfeld oder in Organisationen. Sprechen lenkt noch immer oft von wichtigen Dingen ab, dient manchmal der Selbsterhöhung oder Machtausübung. Nicht zu selten oft durch die Herabwürdigung oder Diskreditierung anderer Menschen, was sich üblicherweise hinter dem Rücken des anderen abspielt.
So reden wir in vielen Situationen auch oft aneinander vorbei, da wir das Gehörte oft durch einen Filter wahrnehmen, wir interpretieren oder assoziieren, vermischen die Beobachtung mit unseren Vorurteilen. Eine sehr effektive Möglichkeit diesen Missverständnissen vorzubeugen ist aktives Zuhören, gerade für Führungskräfte eine der wichtigsten Eigenschaften.
Zuhören ist eine Form der höchsten Aktivität
Zuhören bedeutet nicht Passivität oder Tagträumen, sondern ist eine Form höchster Aktivität. Diese erfordert Präsenz, Achtsamkeit, Wahrnehmung und einen gewaltfreien kommunikativen Raum. Eine sehr effektive Möglichkeit ist die sogenannte gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. Als Psychologe hat er erkannt, dass wir in unseren Gesprächen oft sehr entfremdet und gewaltvoll sind, was sich in Form von moralischen Urteilen über den Kommunikationspartner, wie das Zuschreiben von Eigenschaften an die Person wie z. B. „gut/böse“, „gerecht/ungerecht“, „gesund/krank“ und so weiter, manifestiert.
Gewaltvolle Kommunikation wird Wolfssprache genannt, als ein missglückte Versuch Bedürfnisse auszudrücken. Nach Meinung der humanistischen Psychologie hungert der Mensch aber nach Einfühlung und Wertschätzung. Und Menschen tun freiwillig und gerne etwas, um dem anderen das Leben zu verschönern und weil sie an einer guten Verbindung interessiert sind.
In der gewaltfreien Kommunikation gibt es 4 Schritte: Beobachtung, Gefühl, Bedürfnis und Bitte
Beobachtung bedeutet, eine konkrete Handlung (oder Unterlassung) zu beschreiben, ohne sie mit einer Bewertung oder Interpretation zu vermischen.
Die Beobachtung löst ein Gefühl aus, das im Körper wahrnehmbar ist und mit mehreren oder einem …
Bedürfnis in Verbindung steht. Damit sind allgemeine Qualitäten gemeint, die vermutlich jeder Mensch auf Erden gerne in seinem Leben hätte, wie zum Beispiel Sicherheit, Verständnis, Kontakt oder Sinn.
Aus dem Bedürfnis geht schließlich eine Bitte um eine konkrete Handlung im Hier und Jetzt hervor.
Beispiele achtsames Zuhören
„Ich bin genervt, weil Du mir schon wieder nichts von dem Termin gesagt hast!“ Wir sind es gewohnt, die anderen für unsere Gefühle verantwortlich zu machen. Ein Anliegen der Gewaltfreien Kommunikation ist es, ein anderes Bewusstsein von Verantwortung für unsere Gefühle zu fördern.
„Ich bin genervt, weil ich meine Zeit sinnvoll planen möchte.“
Bei diesem Satz erkennt man: Die Ursache für meine Gefühle liegt in mir. Es geht um meine Bedürfnisse.
weiteres Praxisbeispiel:
Herr Müller, ein Mitarbeiter im Vertrieb, hat zurzeit sehr viel Stress. Ein wichtiges Projekt mit einem Großkunden droht zu platzen. Herr Müller hat in den letzten Monaten täglich bis spät in die Abendstunden gearbeitet. Wenn das Projekt nicht zustande kommt, bringt es seiner Firma einen großen finanziellen Schaden. Auch zuhause stößt er aufgrund der vielen Überstunden auf Unverständnis seitens seiner Ehefrau. Die Situation setzt ihn unter Druck. Er ist gereizt, reagiert genervt und schreit wegen jeder Kleinigkeit Frau Schmidt an, seine Sekretärin.
Beobachtung: „Herr Müller, in letzter Zeit schreien Sie mich oft an und reagieren häufig gereizt.“
Gefühle: „Ich fühle mich verunsichert und nicht respektiert.“
Bedürfnis: „Ich möchte kollegial und mit Respekt behandelt werden.“
Bitte: „Können wir bitte über die aktuelle Arbeitssituation reden? Ich weiß, dass Sie zurzeit unter großem Druck stehen. Ich kann Sie gern unterstützen und Ihnen ein paar weitere Aufgaben abnehmen.“
Herr Müller und Frau Schmidt haben über die aktuelle Arbeitssituation gesprochen. Frau Schmidt hat zusätzliche Aufgaben übernommen, um ihren Chef zu entlasten. Nun kann Herr Müller früher nach Hause gehen und fühlt sich ein wenig entspannter.
Gerade in einem Umfeld von Druck, oder Stress kann ein Wort das andere ergeben, wir hören nicht mehr zu und beginnen mit unserer Sprache Gewalt auszuüben. Daher müssen wir umso mehr achtsam sein und uns im Zuhören üben, um zu erkennen, was sch hinter dem Gesagten versteckt.
Kraft des Zuhörens als Quelle für Wachstum
Dann kann die Kraft des Zuhörens eine Quelle für Wertschätzung, Anerkennung und persönlichem Wachstum sein. Im aktiven und wachen Zustand des Zuhörens können wir eines der fundamentalsten und vitalsten menschlichen Bedürfnisse befriedigen: Empathie und Verbindung mit anderen Menschen in Form von nährenden Kontakt und Beziehung.
Was aber nicht heisst, dass es keine Konflikte oder Andersartigkeit oder Widerspruch gibt. Zuhören bedeutet nicht Sozialromantik oder wir müssen uns alle “lieb haben”. Denn aktives Zuhören kann auch im Ergebnis enden, Grenzen zu setzen oder “Nein zu sagen”, aber nicht durch Gewalt, sondern auf Basis einer empathischer Verbindung. Ich habe mich in die Erfahrungs- und Erlebniswelt des anderen Menschen hinein versetzt, ich nehme ihn wahr und höre seinen Standpunkt, trotzdem kann ich anderer Meinung sein.
Das ist, was in so vielen Führungssituationen fehlt, wir sind gerade in Zeiten des Umbruchs gut beraten, uns der Quelle des Zuhörens zu öffnen.
Literatur:
Werner Sattlegger, “Die Kunst reifer Führung”, 2021
Marshall Rosenberg, Eine Sprache des Herzens
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