Wie Unternehmen Innovationen wie ChatGPT verschlafen
“Der Erfolg von gestern ist der Feind des Erfolges von morgen”
Die größte Revolution seit der Erfindung des Buchdrucks oder der Elektrizität, da sind sich alle Experten einig, wenn es um die Einführung Künstlicher Intelligenz geht. Vor allem die Anwendung von ChatGPT ist mit über 100 Millionen Usern innerhalb von Wochen das schnellst wachsende Konsumprodukt in der Geschichte überhaupt. Bei unseren Silicon Valley Lernreisen sehen wir wie Technologien nicht nur Arbeitsabläufe und Geschäftsmodelle massiv beeinflussen, sondern auch disruptieren, wie wir dies gerade am Beispiel Google erleben.
Ich möchte anhand dieser aktuellen Technologie beschreiben, wie ein Techgigant wie Google, der über 2 Jahrzehnte unangefochten das Synonym für Innovation war, ins Wanken geraten kann und das auch jedem Konzern oder Unternehmen gehen kann, wenn das eigene Geschäftsmodell von neuen Technologien disruptiert werden kann.
Wie wir gerade alle lernen, kann ChatGPT Blogs oder Masterthesen schreiben, Strategien entwickeln und das Code schreiben begleiten, was für viele Menschen Kränkungen sind. Egal ob in der Bildung, in kreativen Berufen, in der Kunst, in der Bildung oder in Organisationen, überall gibt es dazu breites Staunen, Unverständnis oder Euphorie.
Aber was nun in der Tat stattfindet, ist eine völlig neue Form wie wir Informationen sammeln, strukturieren und generieren. Das hat massiven Einfluss, wie wir Informationen suchen, damit werden gerade die Karten im Bereich der Suchmaschinen neu gemischt.
Google, the king of search
Ich kann mich noch gut an die Anfänge des Internets erinnern, als um das Jahr 1998 Suchmaschinen wie Yahoo oder Alta Vista am Markt waren und suchen lange und mühsam war. Mit einem Modem dauert es fast Minuten, bis man im Netz war, dann bekam man eine Fülle von unbrauchbaren Informationen. Dann kam aber Google und revolutionierte die Branche, ein neuer Algorithmus ordnete Webseiten basierend auf der Anzahl anderer Websites, die auf sie verlinkten, was sich als exzellenter Proxy für die Relevanz herausstellte.
Nach der Dotcomblase ist das Internetbusiness durch die Decke geschossen, mit dem Ergebnis einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von über 20% bei Google. In diesem Zeitraum hat das Unternehmen unvorstellbare 300 Milliarden US-Dollar an Barmitteln nach Betriebskosten generiert, den Großteil davon aus der Internetsuche. Der Marktwert von Google hat sich auf 1,3 Billionen US-Dollar mehr als verdreifacht, der Umsatz im letzten Jahr betrug 283 Milliarden Dollar und Google ist damit nicht nur das viertwertvollste Unternehmen der Welt, sondern es ist ein Verb - “ich google mal”.
Damit hat Google den Markt für die Internetsuche über 2 Jahrzehnte monopolhaft dominiert und ist ein Gigant der Technologie geworden, jedes haben sich 2 Millionen Menschen bei Google beworben, als attraktivster Arbeitgeber der Welt konnten Sie aus den Besten der Besten aussuchen. Aber das hungrige innovative Unternehmen ist im Kern in der technologischen Grundidee der Suchmaschine stehen geblieben, denn diese blieb 20 Jahre unberührt. Google hat zwar Anwendungen im Bereich ChatGPT entwickelt, aber hielt es lange unter Verschluss, da die Möglichkeit einer Disruption bestünde: das eigene Geschäftsmodell der Internetsuche und Werbeeinnahmen könnte durch diese technologische Entwicklung gefährdet sein, ein typisches Innovtator’s Dilemma.
Google’s innovators dilemma
Denn seit einiger Zeit verliert das Unternehmen Marktanteile und Einnahmen aus Suchmaschinenwerbung in Amerika. In diesem Jahr sind diese von 67% vom Jahr 2016 auf 54% gesunken.Ebenso knabbern auch andere am Kuchen, wie z.B. Apples Search-Ads-Geschäft, bestehend aus der Suche nach Apps auf iPhones, hat jetzt schon 7% dieses Marktes.
Googles eigene Untersuchungen zeigen, dass zwei Fünftel der 18- bis 24-jährigen Instagram, Metas Foto-Sharing-App oder TikTok gegenüber Google Maps bevorzugen, wenn sie nach einem Restaurant in der Nähe suchen. Amazon hat seinen Anteil am amerikanischen Markt für Suchanzeigen von 3% im Jahr 2016 auf heute 23% steigen sehen.
Und am 7. Februar kam dann die große Kampfansage von Microsoft, indem sie eine Investition von 10 Milliarden US-Dollar in OpenAir angekündigt und gleichzeitig technologisch vorgestellt hat, wohin die Reise geht.
Die Suchmaschine von Microsoft heißt „Bing“, die Suche wird nun von einer KI-generierten Seitenbox begleitet, die relevante Informationen zusammenfasst. Bing wird auch einen eigenen Chatbot erhalten, der auf den Modellen von Open AI basiert. Microsoft zeigte spannende neue Features, wie zum Beispiel die Erstellung einer Einkaufsliste basierend auf einer Woche geplanter Mahlzeiten.
Gleichzeitig vermasselte Google seine Präsentation Anfang Februar, so konnte die Google Managerin Elisabeth Reed bei einer Livedemo in Paris ihr Handy nicht finden. Inhaltlich war nichts neues und laut Experten ist Google ein halbes Jahr hinter der Entwicklung von OpenAir.
Google hat sich aber die Dienste des Start Ups Anthropic gesichert, das von den Geschwistern Dario und Daniela Amedeo gegründet wurde. Diese beiden und eine kleine Gruppe anderer Manager haben bei OpenAI gearbeitet, waren sich über die Ausrichtung nicht einig und gründeten 2021 ihr eigenes Unternehmen.
The battle for search hat begonnen, die Frage ist wie rasch Google noch mehr von seinem Kuchen abgeben muss.
alles richtig machen und trotzdem scheitern
Aber nichts währt ewig, besonders in der Technologie. Wir können das alles in der Geschichte nachlesen, bei IBM oder Nokia, vor allem aber auch bei Kodak, das Unternehmen war über 100 Jahre der führende Anbieter von Fotoapparaten. Mit über 100.000 MitarbeiterInnen und milliardenschweren Umsätzen ein Gigant, der eine Technologie, die im eigenen Hause entstanden ist, völlig verschlafen hat: die Erfindung der Digitalkamera.
Verbesserungen von Produkten, Dienstleistungen oder Prozessen, die vom Kunden honoriert werden, darin sind wir gut und vergessen dabei immer auf disruptive Innovationen. Diese bieten meistens zunächst Leistungsnachteile gegenüber konventionellen Produkten, kommen oft in Nischen und oft von Unternehmen aus anderen Branchen. So boten z.B. Digitalkameras am Anfang deutlich schlechtere Bildqualität und mp3s ein minderwertiges Klangerlebnis.
Wie können Sie als Führungskraft dies verhindern
Das Leben und Wirtschaft sind Rhythmus, geprägt von einem Wachsen und ein Sterben. Was wächst vergeht auch wieder, das wollen wir alle nicht wahrhaben, denn wir glauben immer alles unter Kontrolle zu haben.
“Der Erfolg von gestern ist der Feind des Erfolges von morgen” bedeutet, dass Erfolg oft Bequemlichkeit, Überheblichkeit und Selbstgefälligkeit fördert.
“Das brauchen wir nicht oder das haben wir schon”, das höre ich immer wieder, wenn es darum geht neue Technologien einzuführen. Was auch verständlich ist, denn warum soll man bekannte Margen aufgeben, Zeit und Geld oder andere Ressourcen investieren, wenn der Return erst viel später sichtbar wird und es dafür auch keine Garantie gibt?
Aber Leben ist Wandel und Veränderung, wer das nicht glauben will, der will das Leben nicht. Führungskräfte haben die Aufgabe in Ihren Unternehmen nicht nur eine Innovationskultur zu ermöglichen, wo Jobs, Prestige und Ansehen wichtig sind, sondern einen Raum zu schaffen, wo Menschen mutig etwas Neues probieren dürfen und wollen, ohne Garantie für den Ausgang.
Dies kann aber nur gelingen, wenn Sie selber mutig bleiben, sich als Menschen weiterentwickeln und wenn Sie folgendes in Ihrem Unternehmen ermöglichen:
Scheitern als wichtigste Lernquelle sehen
Schlechte Nachrichten nicht ausblenden
Widerstand nicht ignorieren
Mutige und Verrückte fördern
Sich selber einen Hofnarren nehmen, der offen und ehrlich sagt, was Sache ist
Vor allem zu wissen, dass es diesen Rhythmus gibt
Die Punkte sind keine Allheilmittel und auch keine Patentrezepte. Google war lange einer der attraktivsten Arbeitgeber überhaupt, Innovation in der DNA angelegt und trotzdem sind vor dieser Situation nicht gefeit. Das sollte uns einfach bewusst sein, dass dies jedem Konzern und Unternehmen blühen kann, auch wenn der Erfolg noch so lange währte.
Vor allem zu Wissen, dass nur jenseits einer Komfortzone es Wachstum und Entwicklung geben kann, die notwendig sind, wenn wir als Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben wollen.
Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.