Wie wir in Österreich unsere Zukunft verspielen
Die Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz sind rasant und werden in Zukunft keinen Geschäftsbereich unberührt lassen. Wir stehen vor fundamentalen Veränderungen, wo nun die Karten unseres Wohlstandes neu gemischt werden. Warum wir gerade in Österreich und Europa am Scheideweg stehen und vielleicht unsere Zukunft verspielen, darum geht es in diesem Beitrag.
dIE ROLLE ÖSTERREICHS
Wenn ich in Wien diverse Museen besuche und in die Geschichte Österreichs vor ca. 100 Jahre eintauche, bewegt mich immer wieder, wie wir in vielen Branchen wie Philosophie, Psychologie oder Physik Magnet für die klügsten Köpfe der Welt waren (manche sprechen auch vom Silicon Valley Europas). Die Machtergreifung Hitlers machte alles zunichte, viele flüchteten in die USA und kamen nie wieder zurück, ein unvergleichbarer “brain drain”, unter dem wir noch bis heute leiden.
Nach Ende des 2. Weltkrieges gab es zum Glück viele Pioniere, die mit unglaublich viel Mut und Visionskraft tolle Familienunternehmen in verschiedenen Industriebranchen aufgebaut haben, die teilweise Weltmarktführer geworden sind. Europa und Deutschland sind damit zu einem Inbegriff von verlässlicher Ingenieurskunst geworden, wo Genauigkeit auf technische Expertise trifft.
Und viele dieser Eigentümerunternehmer denken in Generationen, sind offen für Innovationen, aber beklagen in vielen Gesprächen aktuell das Folgende:
die Rahmenbedingungen werden in Österreich immer unattraktiver und viele überlegen einen Standortwechsel auf einen anderen Kontinent.
Erleiden wir das gleiche Schicksal wie vor 100 Jahren und was könnten wir tun?
Aktuelle Rahmenbedingungen
Wenn wir in Österreich etwas produzieren wollen, dann sind es vor allem die folgenden Bereiche, die Wachstum blockieren:
Arbeitskosten: Österreich hat im Vergleich zu vielen anderen europäischen Ländern relativ hohe Arbeitskosten aufgrund von Regelungen wie dem kollektiven Arbeitsrecht, Mindestlöhnen und Sozialleistungen.
Energiekosten: Die Energiekosten sind in Österreich auf Grund der geopolitischen Lage und vieler Abhängigkeiten sehr hoch und verteuern Produktionen enorm.
Bürokratie: In Österreich gibt es für Unternehmen noch immer eine Fülle von Auflagen, Genehmigungen und ineffizienten Abläufen, die Unternehmertum lähmen
fehlender Innovationsgeist: das eigene Ding zu machen, mutig Neuland zu betreten, etwas zu riskieren und für das Neue offen zu sein, das fehlt noch immer sehr oft in einem Land, das von Tradition und Hierarchie geprägt ist.
Wie uns USA und China abhängen
Während die USA in diesem Jahr ein Wachstum von 8 % verzeichnen konnte, begnügte sich Europa mit lediglich 4 %. Diese Zahlen verdeutlichen eine alarmierende Entwicklung, insbesondere da weder Europa noch Großbritannien seit Ende 2022 überhaupt gewachsen sind.
Die Unsicherheit über die Zukunft wird durch die Möglichkeit verstärkt, dass Donald Trump wieder ins Weiße Haus einziehen könnte. Ein solches Szenario könnte massive Zölle auf Europas Exporte bedeuten, was die Wirtschaft weiter belasten würde.
Gleichzeitig beginnt China von Windkraftanlagen bis hin zur Eisenbahnausrüstung oder Elektroautos Europa zu überollen und wird für viele Branchen ein ernstzunehmender Konkurrent.
fehlende Innovation
Wir wissen, dass der Grad der Innovation von heute die Wertschöpfung von Morgen ist. Wenn wir uns ansehen wollen, wie wir uns im Bereich der Innovation entwickeln, zahlt sich immer ein Blick über den Tellerrand aus:
Im Jahr 2023 erhöhten weltweit führende Konzerne ihre F&E-Budgets um insgesamt 12 Prozent, während der Umsatz lediglich um zwei Prozent stieg und der Gesamtgewinn um neun Prozent zurückging. Die USA bleiben die wichtigsten Investoren in Richtung Innovation, mit 169 der 500 weltweit führenden Unternehmen im Bereich F&E.
Japan (86 Unternehmen), China (52) und Deutschland (31) folgen auf den nächsten Plätzen. Seit 2018 ist die Anzahl der US-Unternehmen im Ranking deutlich gestiegen, von 140 auf 169.
Österreichs börsennotierte Unternehmen mit den höchsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) haben im letzten Jahr vier Prozent ihrer Umsätze in Forschung und Entwicklung investiert, was einfach viel zu wenig ist und hinter dem internationalen Trend zurück liegt.
Gleichzeitig wurden im Jahr 2023 in Österreich einer Schätzung von Statistik Austria zufolge nur rund 15,5 Mrd. Euro für Forschung und Entwicklung (F&E) ausgegeben. Damit beträgt die Forschungsquote, also der Anteil der F&E-Ausgaben am nominellen Bruttoinlandsprodukt (BIP), heuer 3,22 % und ist damit nur geringfügig höher als im Vorjahr und stagniert seit Jahren.
DISRUPTION Künstliche Intelligenz
Ebenso investiert Österreich viel zu wenig in die KI-Grundlagenforschung. Die KI-Strategie der österreichischen Bundesregierung, die „Artificial Intelligence Mission Austria 2030“, hat im Jahr 2021 sieben Millionen Euro angekündigt, damit investiert Österreich in etwa so viel wie Uganda und Mexiko in KI-Grundlagenforschung.
Gleichzeitig sind San Francisco und das Silicon Valley der KI Hotspot, wo Innovationen durch die Decke gehen. Und da sehen wir, dass nicht KI-Dienstleister durch die Decke gehen, sondern Unternehmen, die die KI-Implementierung erleichtern – von Chipherstellern bis hin zu Cloud Computing , erweiterte schnelle Datenbanken usw.
Ende Februar nahm Microsoft an einer der größten Runden des Monats teil und investierte in die riesige 675-Millionen-Dollar-Runde des KI-Robotik-Startups Figure mit einer Pre-Money-Bewertung von rund 2 Milliarden Dollar. Zu den weiteren namhaften Investoren der Runde gehörten Jeff Bezos ‘ Explore Investments und Nvidia .
Ausblick:
Das, was zählt ist der Blick nach vorne, nicht das, was wir erreicht haben. Da tun wir uns in Europa und Österreich oft echt schwer, was auch in gewisser Hinsicht verständlich ist. Wir können auf eine über tausend Jahre alte Geschichte zurückblicken, es gibt unzählige Museen, Kirchen und Geschichtseinträge, auf die wir stolz sein können. Aber mich bewegt, dass wir gerade drauf und drann sind unseren Wohlstand zu verspielen, denn es ist eigentlich keine Raketenwissenschaft:
In die Zukunft investieren
Kollaboration statt Silodenken
Mut und Risikobereitschaft
Davon kann sich jeder ein Stück vom Kuchen abschneiden, jetzt ist eine gute Zeit dafür. Ich bin ab nächster Woche wieder im Silicon Valley und freue mich schon riesig darauf, halte Sie an dieser Stelle gerne am Laufenden.
Autor: Werner Sattlegger, Founder Art of Life
Veranstaltungstip: Nächste Lernreise ins Silion Valley, 14 bis 18.Oktober, 2024
Literatur:
Werner Sattlegger: “Die Kunst reifer Führung”, 2022
Der Online Talk hier gerne zum nachhören.
Podcast Folge #32: Mut zum Handeln:
Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.