Der Kampf um Künstliche Intelligenz

Das Chaos rund um die heißeste KI-Aktie – dem Unternehmen OpenAI und seinem CEO Sam Altman hat sich schon jetzt seinen Platz in den Büchern der Wirtschaftsgeschichte gesichert. Warum das so ist und wie diese Vorkommnisse jeden von uns betreffen, darum geht es in diesem Beitrag.

Ich bin gerade von unseren letzten Lernreise aus San Francisco nach Österreich zurückgekehrt, ich war noch letzte Woche auf der Developerkonferenz von OpenAI, wo allen Anwesenden eines klar war – wir leben in einem iPhone Momentum, die neuesten technologischen Fortschritte werden unsere Wirtschaft grundlegend und radikal transformieren, daher haben diese aktuellen Ereignisse auch so eine Bedeutung.

Warum OpenAI so wichtig ist

OpenAi wurde als Non-profit Organisation im Jahr 2015 gegründet, stellte die Forschung in den Vordergrund und entwickelte Künstliche Intelligenz auf Open-Source-Basis weiter (Künstliche Intelligenz wird dadurch multioptional für die Sprache zugänglich).

Alle großen Techunternehmen haben in den letzten Jahren mit den LLM’s gearbeitet, sogenannte Large Language Modells. Aber niemand war so schnell, mutig und produktorientiert wie OpenAi, die am 30. November 2022 den ersten ChatGPT veröffentlicht haben. In den nächsten Monaten hat diese Technologie die Welt im Sturm erobert und jeder hat erkannt, welche Sprengkraft in dieser Technologie liegt.

  • Mit dem Launch von ChatGPT hat Open Ai die großen Giganten wie Google abgehängt, obwohl sie viel mehr Ressourcen und Möglichkeiten gehabt hätten. Viele Unternehmen waren zu vorsichtig, zu langsam, das was mit dem “Kodak Moment” oft vielen erfolgreichen Unternehmen passiert.

Ein Techgigant war anders und hat sich früh die Dienste von OpenAI gesichert: Microsoft, mit 13 Milliarden auch der größte Investor von OpenAI sind. Seit Jahren integriert Microsoft immer mehr Dienste und Modelle von OpenAi die eigenen Systeme. Der Konzern zeigte zum Beispiel einen KI-Assistenten für Windows und Microsoft 365 und machte zuletzt seinen Bing Chat zum Copilot.

Was macht OpenAi anders?

Das Team von Open Ai ist sehr klein, aber hocheffektiv, da dort die besten Leute aus dem LLM Bereich zusammenarbeiten. Die Führungsmannschaft ist hochkarätig, wie CEO Sam Altman, der früher Partner beim renommierten Accelerator Y Combinator oder Mira Murati bzw. Greg Brockman, alle führend in der Entwicklung von Large Language Models.

Eine wichtige Rolle hat auch Chefwissenschafter Ilya Sutskever gespielt, ein in Russland geborener israelisch-kanadischer Informatiker, der sich intensiv mit maschinellem Lernen beschäftigt hat. Sutskever war ein Verfechter von Trustworthy AI, ihm ging die Kommerzialisierung von Künstlicher Intelligenz auch viel zu schnell, darum scheint es auch beim Streit gegangen zu sein.

Zuletzt hatte das Unternehmen Open Ai mit knapp 700 MitarbeiterInnen eine Bewertung von 86 Milliarden Dollar.

Dramaturgie der Vorkommnisse

Das Board von OpenAI, der die gemeinnützige Muttergesellschaft beaufsichtigt, besteht aus dem Chefwissenschaftler Ilya Sutskever, dem CEO von Quora, Adam D'Angelo, der ehemaligen CEO von GeoSim Systems, Tasha McCauley, und Helen Toner, der Direktorin für Strategie am Center for Security and Emerging Technology in Georgetown.

  • Sam Altman wurde am Freitagnachmittag, 17. November 2023, eine halbe Stunde vor dem Board Meeting davon informiert, dass er sich zu diesem Meeting in Form eines Calls dazu schalten möge. In diesem Call wurde ihm mitgeteilt, dass er mit sofortiger Wirkung entlassen sei, man habe kein Vertrauen in ihm. Gleichzeitig wurde eine Pressmitteilung veröffentlicht und Altman musste das Unternehmen verlassen. Altman konnte dagegen nichts tun, da er keine Firmenanteile und damit Stimmrecht hat. Der größte Investor Microsoft hatte von dieser Entscheidung keine Info.

  • Daraufhin ernannte OpenAI Mira Murati zum Interims-CEO, sie war davor dort die Cheftechnologin.

  • Am Samstag verpassten die verbleibenden Vorstandsmitglieder eine von Altmans Lager gesetzte Frist (5PM PT), um zurückzutreten, um ihn zusammen mit seinem Mitbegründer Greg Brockman wieder einzustellen.

  • Altman kehrte am Sonntag in das Büro von OpenAI zurück und sagte, es sei das "erste und letzte Mal", dass er einen Gastausweis trage, was bedeutete, dass er entweder als CEO zurückkehren oder keinen Fuß mehr in das Gebäude setzen würde. Eine weitere Frist, bis 17 Uhr am Sonntag einen Waffenstillstand zu erreichen, wurde nicht eingehalten.

  •  Am Montag ernannte dann das Board überraschend Emmett Shear zum neuen CEO

  • Sam Altman und sein Team schlossen sich Montag Microsoft an.

So wie das Board am Freitag Sam Altman das Vertrauen entzog, entziehen nun weite Teile der Belegschaft von Open AI ihrem Board das Vertrauen. Würden die nach aktuellem Stand 514 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des offenen Briefs das Unternehmen tatsächlich verlassen, wäre es das mögliche Ende für OpenAI, das aktuell rund 750 Angestellte hat.

  • Analysten sind sich einig: Die Kündigung von Altman war - the biggest mistake in the history of Silicon Valley.

The Winner takes it all

Microsoft, der größte Investor von OpenAI, scheint das Beste aus der Situation gemacht zu haben. In einer Erklärung am Sonntagabend sagte CEO Satya Nadella, dass "wir weiterhin an unserer Partnerschaft mit OpenAI festhalten und Vertrauen in unsere Produkt-Roadmap haben". In der Zwischenzeit schließen sich Altman und der frühere Präsident Greg Brockman "mit Kollegen" Microsoft an, um "ein neues fortschrittliches KI-Forschungsteam zu leiten."

Microsoft bekommt nun das gesamte Know-How von Open AI und kann nun vor allem eines tun: die berühmte neue Killerdevice bauen - das Stück Hardware, das wie beim IPhone die Wirtschaft revolutioniert. Microsoft hat alle Ressourcen, hat mit Altman die besten Leute und wird in den nächsten Jahren der dominierende Factor in KI werden, das hat auch der Aktienkurs gestern gezeigt.

Supergau in der Unternehmenskultur 

Egal wo, der soziale Treibstoff sind Vertrauen und Glaubwürdigkeit, sie sind das Fundament für alle unsere Beziehungen und Handlungen. Das gilt umso mehr in Organisationen, wo stabile Orientierungspunkte aufgrund der hohen Dynamik immer mehr wegfallen. Führungskräfte sind Vorbilder, ob sie wollen oder nicht, ihre Handlungen und Kommunikationen sind ganz wichtige Orientierungspunkte. Wenn nun ein CEO ohne ersichtlichen Grund in so einer wichtigen Phase ohne Begründung gefeuert wird, dann richtet dies veritablen Schaden an.

  • Denn es ist für ein Unternehmen nicht nur essenziell, wen ich auf Grund welcher Qualifikation zur TOP Führungskraft bestelle sondern auch, wann und wie ich mich trennen will. Oft warten wir viel zu lange, trauen uns nicht, was oft in Europa der Fall ist (was hier sicher nicht der Fall war)

  • Dann werden in diesem Fall Ultimaten gestellt, erpresst und gedroht - alles auf offener Bühne und in Einbeziehung der Mitarbeiter. Auch wir streiken gerade in Österreich, wir wollen höhere Löhne - aber in diesem Fall geht es um die Zukunft der wichtigsten Technologie der nächsten 100 Jahre.

Richtungsstreit über die Zukunft von Künstlicher Intelligenz

Im Sommer 2023 gab es eine Petition von über 1400 KI-Wissenschaftler mit der Bitte, die Forschung an KI zu pausieren, da es zu viele Unsicherheiten gäbe. Denn den wenigsten Menschen sei nicht bewusst, dass sich die Geschwindigkeit von Künstlicher Intelligenz in ein paar Jahren um das 100.000-fache erhöhen wird. Es lauern viele Gefahren, Menschen können manipuliert werden, es droht Kontrollverlust, denn KI kann sich verselbstständigen oder die Gefahr von Datensicherheiten sei groß. Auch mir machen diese Seiten von Künstlicher Intelligenz Sorgen, auch wenn ich die unfassbaren Möglichkeiten die letzten Wochen im Silicon Valley in all seiner Vielfalt kennenlernen durfte.

  • So scheint es auch bei OpenAI gewesen zu sein. Ilya Sutskever war ein Verfechter von Trsutworthy AI und hat auf die Gefahren von AI hingewiesen – das hat wahrscheinlich bei der Developer Konferenz letzte Woche seinen Höhepunkt gefunden, da Altman dort völlig neue Geschäftsmodelle vorgestellt hat. Er wollte Open AI Richtung Plattform entwickeln, damit jeder in einem GPT Store seine Produkte anbieten kann, das war offensichtlich Sutskever zu viel.

Ausblick

Wir erleben aufregende Zeiten, vor allem vor Weichenstellungen, wie wir mit Künstlicher Intelligenz umgehen wollen. KI wird kommen, denn technologischer Fortschritt hat sich immer durchgesetzt, ob wir wollen oder nicht. Wir brauchen nur auf die Geschichte zurückblicken, sei es die Erfindung des Autos, Flugzeuges oder der Dampfmaschine.

So ist es nun auch, denn KI kann die meisten menschlichen Tätigkeiten schneller und vor allem fehlerfreier, daher wird es sich auch durchsetzen. Ich habe diesen Artikel ohne ChatGPT geschrieben, aber ich habe einen Test gemacht – ich habe gefragt, wie es ChatGPT heute geht und was es fühlt.

Die Antwort sagt schon alles:
“Als KI habe ich keine Gefühle oder persönlichen Empfindungen. Ich bin jedoch hier, um Ihnen mit Informationen, Antworten auf Ihre Fragen oder jeglicher Unterstützung, die Sie benötigen, zu helfen. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?”

Die aktuellen Ereignisse um OpenAi zeigen für mich wieder, wie wichtig Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind. Egal wo, ob in Führungspositionen, in Organisationen oder in der Anwendung von KI. Ich bin davon überzeugt, dass wir an Weggabelungen stehen, wie wir uns als Gesellschaft und Wirtschaft weiter entwickeln. Aber vor allem auch als Menschen, denn KI kann weder fühlen, empathisch sein und Beziehungen aufbauen.

Ich bin persönlich von den Möglichkeiten von KI überzeugt, doch wir müssen Verantwortung übernehmen, wie und wo wir diese einsetzen, wie wir uns als Menschen entwickeln - wenn wir das tun, dann wird vieles möglich sein.

Quellen:

Tip:

nächste Lernreise ins Silicon Valley 04. Juni bis 07. Juni 2023

Autor: Mag. Werner Sattlegger, Founder Art of Life

Nächste Lernreise ins Silicon Valley, vom 03. Juni bis zum 07. Juni 2024

Open AI Developer Konferenz

Werner Sattlegger: “Die Kunst reifer Führung”, 2022

 

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.