Art of Life Talk: Time for Authentic Leadership
Aktuelle Wirtschaftsskandale, Vertrauensverlust in Institutionen, aktuelle Ungewissheiten und Verunsicherungen, bis hin dringenden Fragen des Klimawandels führen uns zu der Frage: ist es Zeit für authentische Führung? Michael Dickstein und Werner Sattlegger haben beim Art of Life Talk “Time for Authentic Leadership” mit zahlreichen Onlineteilnehmern intensiv darüber diskutiert.
Nach dem Gallup Engagement Index 2019 machen noch immer 69% der MitarbeiterInnen Dienst nach Vorschrift, der Grund liegt in der Beziehung zum unmittelbaren Vorgesetzten. Diese kann eine Quelle für Weiterentwicklung und Wachstum sein oder für Frustration. “Je mehr Digitalisierung und Veränderung, desto mehr persönliche Reife im Führungsverhalten und in Beziehungen ist notwendig”, betont Werner Sattlegger am Anfang seiner Ausführungen.
Anpassung und Konformität im Leadership
Status und Sozialprestige prägen unser postmodernes Zeitalter. Viele lernen sich anzupassen, Erwartungen zu entsprechen, oft um Karriere zu machen und Führungspositionen zu bekommen. Im wirtschaftlichen Kontext oder in Organisationen wird dies oft durch opportunistische Geschmeidigkeit sichtbar. “Angepasste Gefälligkeit und verzweckte Beziehungen, die oft als Ware gesehen werden, sind bei vielen Konversationen sichtbar. Menschen sind oft nicht auf Grund ihrer Persönlichkeit interessant für andere, sondern Kraft ihrer Funktion und Position. Kann ich vom anderen profitieren oder einen Nutzen ziehen, kann ich etwas bekommen? “, das sind Mechanismen im täglichen Geschäftsalltag, betont Sattlegger in seinen Ausführungen. Die Frage ist, wie kann man als Führungskraft eine persönliche Reife entwickeln kann, die getragen von Authentizität und Glaubwürdigkeit ist.
Wahres Selbst versus falsche Selbst
Wenn man von persönliche Reife und Authentizität spricht, kommt man nicht am Begriff des „Selbst“ vorbei. Dies wird in der Sozialpsychologie als die Empfindung eines einheitlichen, konsistent fühlenden, denkenden und handelnden Wesens definiert. Das „Selbst“ von Menschen kann aber brüchig sein, meistens auf Grund von belastenden Erfahrungen in der frühen Kindheit im Rahmen des Familienkontexts.
Dies können mangelnde Nähe und Geborgenheit sein, emotionale Zurückweisungen, der frühe Verlust eines Elternteils, vor allem die nicht vorhandene Liebe. Als Kleinkinder sind wir schutz- und wehrlos, so graben sich diese Verwundungen in unsere Charakterstruktur und bleiben in gewissem Ausmaß ein Leben lang da und prägen unser Verhalten. Der Psychotherapeut Joachim Maaz hat dies ausführlich beschrieben, vor allem die Unterscheidung zwischen falschem und echtem Selbst.
Das „falsche Selbst“ als Seite des Menschen, die wir nach außen darstellen, dabei oft auf unsere Wünsche und Gefühle verzichten, um nur das zu fühlen und zu wünschen, was unsere Umgebung ertragen kann und von uns erwartet.
Google’s Aristoteles Projekt
Im Jahr 2012 startete das Unternehmen Google mit dem Codenamen „Aristoteles“ ein in der Öffentlichkeit verborgenes, über 3 Jahre dauerndes und weltweit einzigartiges Soziallabor. Die Namensentscheidung beruht auf dem Zitat des Philosophen Aristoteles, welches lautet „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“, weil es genau darum ging.
Nach 3 Jahren intensiver Feldforschung, akribischer Forschungsarbeit und alle Versuche Typologien fest zumachen, Muster zu erkennen, die einem Team vertreten sein sollten (Meyer Briggs, DISG,..), all die bestehende Modelle in der Organisationspsychologie durchforstet zu haben, fanden sie ein atemberaubendes Ergebnis: Es konnten keine Muster erkannt werden und es war völlig irrelevant welche Typologien in den Teams vertreten waren!
Sie fanden aber etwas anderes: der entscheidende Punkt war nicht das „Wer“ sondern das „Wie“ - wie die Teammitglieder miteinander umgingen. Dürfen Teammitglieder sich vertrauensvoll mitteilen, ohne Angst vor Zurückweisung? Das ist der entscheidende Punkt für erfolgreiche Teams, es geht immer um Glaubwürdigkeit, Vertrauen und Authentizität.
Unternehmerische Verantwortung
“Kunden wollen und verlangen heute nach Glaubwürdigkeit bei Produkten und Dienstleistungen. Wenn der Kredit an Vertrauen einmal verspielt ist, brauchen Unternehmen oft Jahre, um das Vertrauen wieder herzustellen”, betont Michael Dickstein in seinem Ausführungen. Die aktuelle Entwicklung von “black lives matters” soll allen Unternehmern ein warnendes Beispiel sein. So musste zum Beispiel Facebook Millionen an Werbeverlusten hinnehmen, weil viele Konzerne ihre Werbeaufträge aus Protest gestoppt haben.
“Alles beginnt bei den Menschen, dessen Glaubwürdigkeit und der Fähigkeit, Vertrauen in Beziehungen aufzubauen”, betonten beide abschließend. Nur wenn Sie sich selbst als Führungskraft mutig, ehrlich, offen und im Vertrauen weiter entwickeln, kann Authentizität entstehen.
Es ist keine Technik und kann auch nicht verordnet werden, sondern entsteht aus dem Zentrum des eigenen Seins. Die Wirtschaft benötigt Authentizität dringender denn je, warten wir nicht zu lange darauf, diese jetzt zu entwickeln.
Autorin: Mag. Manuela Sattlegger, Co-Founder Art of Life