„How to close the skill gap“

Bildungssysteme im Umbruch

Ein Kind ist kein Gefäß, dass gefüllt, sondern ein Feuer,
das entzündet werden will.
(F. Rabelais)

Rechtzeitig zum Schulabschluss dürfen wir uns fragen: 
Bereiten wir die Jugend für die Umbrüche der Digitalisierung vor? 
Werden in den Bildungssystemen die richtigen „Skills“ entwickelt?

Die Welt ist im radikalen Umbruch, die Hälfte der Jobs von heute wird es in 10 Jahren nicht mehr geben. Repetitive und „Dienst nach Vorschrift“ Tätigkeiten werden von Künstlicher Intelligenz ersetzt werden. Überall wo Daten intelligent verarbeitet werden, kann die Machine Learning dies schneller und fehlerfreier. All das sind keine Raketenwissenschaften, jeder weiß das, Banken oder Versicherungen sind erst der Anfang, keine Branche wird davon verschont bleiben. 

Unsere Schulen wurden aber nicht für den Umgang mit Umbrüchen gegründet: sie stammen aus einer Zeit der Monarchie, um Kinder zu disziplinieren und  funktionalisieren. Vorbereitung auf „Dienst nach Vorschrift“, damit preußischen Tugenden verinnerlicht werden und für die späteren Berufe im Militär, Verwaltung oder Industrie zur Verfügung stehen. Ordnung und Stabilität waren die Bezugspunkte, die sich aber im letzten Jahrhundert dramatisch verändert haben. 

So stehen nach wie vor kognitive Wissensvermittlungen ganz oben auf den Lehrplänen, die in der Digitalisierung von geringer Bedeutung sind. Digitaler Wandel bedeutet nicht nur die Bedienung von Videokonferenztools oder die Entwicklung neuer Software. Wir müssen als Menschen lernen, Wandel zu gestalten, mutig Neues in die Welt zu bringen, andere Menschen mit guten Ideen zu begeistern, die Kunst der Kollaboration zu beherrschen, vor allem die Fähigkeit mit Unsicherheiten und Widersprüchen umzugehen.

Denn es werden nicht nur völlig neue Jobs entstehen, sondern wir müssen fundamental andere Geschäftsmodelle entwickeln, wollen wir wettbewerbsfähig bleiben. 

Dazu brauchen wir Menschen, die kritisch denken und Dinge hinterfragen, die empathisch handeln, vor allem aber Menschen, die eine kreative Gestaltungskraft entwickeln, damit hungrig und neugierig bleiben. Denn vieles wird Künstliche Intelligenz ersetzen können, nur nicht die menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität, Empathie und Beziehungsfähigkeit. 


Was sind die Auswirkungen unserer Bildungssysteme?

So überrascht es nicht, dass die Spannungsfelder in unseren Bildungssystemen zwischen den externen Anforderungen, den tatsächlichen Bedürfnissen und Fähigkeiten stark zunehmen, mit steigendem Druck auf LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern. 

Immer mehr Studien belegen die psychischen Auswirkungen dieser Spannungsfelder, die viele Jugendliche krank machen. Die „PISA-Ergebnisse von 2015“ (OECD, 2017) zeigen die Risikofaktoren, wie fehlende Wertschätzung oder Demütigungen durch Lehrkräfte oder MitschülerInnen. Besonders dramatisch dabei ist die Tatsache, dass 23,93 Prozent aller Jugendlichen in Österreich  aktuell an einer psychischen Erkrankung leiden, das sind die zentralen Ergebnisse einer MedUni Wien Studie. Die häufigsten Belastungen sind Angststörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, depressive Verstimmungen sowie EinschlafschwierigkeitenNervosität oder ein allgemein schlechter Gefühlszustand

Aus diesen Gründen müssen wir unsere Bildungssysteme nicht nur reformieren, sondern radikal erneuern, wollen wir in Europa nicht die nächsten Jahrzehnte verschlafen, vor allem aber nicht Verrat an unserer Jugend begehen. Wir sollten aufhören, unseren Jugendlichen in Unterrichtsstunden die Zeit zu stehlen und Wissen reinzustopfen, das sie in der Form nie wieder benötigen werden.  

Ich kenne viele LehrerInnen, die sich redlich bemühen und sehr engagiert sind, aber irgendwann vom „System einkassiert“ werden. Denn es gibt auf der anderen Seite LehrerInnen, aber die das System schamlos ausnutzen, als „Wanderpokale“ wegen Unfähigkeit von Schule zu Schule gereicht werden, weil sie keiner haben will.  Alle Bemühungen scheitern am System Schule, das sich aus Bürokratie, Unbeweglichkeit,  Gewerkschaften, politische Seilschaften und Günstlingtum speist, das oft nur die politische Verteilung von Futtertrögen im Sinn hat und nicht die Entwicklung unserer Jugend.  

Wir benötigen aber offene und bewegliche Bildungssysteme, die Adaptionsfähigkeit, Offenheit, Mut, Kreativität und Selbstreflektion bei Schülern entwickeln, das sind die Eigenschaften, die wir für die zukünftigen Herausforderungen im digitalen Wandel benötigen. Jeder aktuelle „Skill Gap Report“ (Linked In, McKinsey, etc.) bestätigt das, jeder Bildungspädagoge weiß dies und trotzdem ändert sich wenig bis nichts. 


Was können wir tun?

 

Holt PraktikerInnen als LehrerInnen an die Schulen, die das Unternehmertum, Wandel und Wirtschaft schon gelebt haben, entrümpelt die Lehrpläne, ordnet diese nach den Skill Gap Reports neu, nehmt vor allem den Gewerkschaften ihre Macht. Organisiert Projektarbeiten an realen, wirtschaftlichen Fragestellungen, fördert und unterstützt individuelle Begabungen, bildet bessere LehrerInnen aus, vor allem solche denen man gerne zuhört, die einen fördern und mit Begeisterung ihren Job machen.  Vor allem, schafft endlich diese leidlichen Sitzbänke ab, lernt kollaborative Lernsettings und agile Arbeitsformen, stärkt eigenverantwortliches Lernen und die Teamfähigkeit, alles Eigenschaften für das „New Work“, wo es keine klassischen Büros mehr gibt. 

Und wir sollten rasch damit beginnen, wir haben nicht mehr viel Zeit dafür.

 

Autor: Werner Sattlegger (CEO & Founder Art of Life)

Am Talk teilnehmen oder Aufzeichnung downloaden

Am Talk teilnehmen oder Aufzeichnung downloaden

 

 
Autor: Werner Sattlegger Founder & CEO Art of Life

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.