Die Roboter kommen

Meine letzten Wochen im Silicon Valley habe ich immer eine Aussage gehört - "defining moments" , das was gerade im Bereich Künstlicher Intelligenz passiert transformiert derzeit alles. Künstliche Intelligenz hat in den letzten Wochen eine unglaubliche technologische Entwicklung erlebt, die vor der Robotertechnologie nicht halt gemacht hat.

Dieselbe Technologie, die es Chatbots wie ChatGPT ermöglicht, Gespräche zu führen, oder Systeme wie DALL-E, realistisch aussehende Bilder aus Textbeschreibungen zu erstellen, macht Roboter smarter, effizienter und schneller, vor allem werden sie auch immer billiger.

Welche das konkret sind und wie diese unser Leben verändern werden, darum geht es in diesem Beitrag.

Die Evolution der Industrieroboter

Die Geschichte der Industrieroboter reicht bis in die 1960er Jahre zurück, als der erste industrielle Roboter, Unimate, von General Motors in einer Fertigungslinie eingesetzt wurde. Seitdem hat sich die Technologie rasant weiterentwickelt, moderne Roboter sind weit entfernt von den einfachen, wiederholenden Maschinen der Vergangenheit.

  • Heute sind sie mit fortschrittlichen Sensoren, künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen ausgestattet, die ihnen erlauben, komplexe Aufgaben zu erledigen und sich an verschiedene Produktionsbedingungen anzupassen.

Wie Roboter menschlicher werden

Infolgedessen werden Roboter fähiger, leichter zu programmieren und in der Lage, zu erklären, was sie tun.

“Multimodale KI-Modelle kombinieren Sprache umit Daten aus Roboter-Sensoren und -Aktoren. Dies ermöglicht es Robotern mithilfe gewöhnlicher Worte zu kommunizieren.

  • Ein weiterer Vorteil ist, dass die neuen Modelle es Robotern ermöglichen, die Gründe hinter ihren Handlungen zu erklären. Das ist z.B. dann nützlich, wenn sie sich unerwartet oder unerwünscht verhalten.

  • Die neuen Modelle sind auch weniger anfällig für Halluzinationen – Tech-Jargon für „Dinge erfinden“ – da ihre Wahrnehmung in Beobachtungen der Welt verankert ist und sie darauf abzielen, sicherzustellen, dass kognitive und physische Realität übereinstimmen.

  • Roboter werden auch darin besser, schnell durch Nachahmung zu lernen und Fähigkeiten von einer auf die andere zu übertragen. Dies eröffnet die Möglichkeit, dass Roboter aus Fabriken und Lagern herauskommen, damit andere Tätigkeiten durchführen können. Denn bisher war es sehr schwierig, Roboter in Fertigungslinien einzusetzen, da es fast immer Datenanalysten und Experten brauchte, um diese Roboter zu programmieren.


Vergleich Mensch und Roboter

In seiner idealen Form ist ein humanoider Roboter so konzipiert, dass er wie ein Mensch aussieht und handelt: Metallverbindungen ersetzen Knochen, Lager fungieren als Gelenke, Motoren dienen als Muskeln, Kameras als Augen und Prozessoren als Gehirn.

Beispiel: Solche sogenannten humanoiden Roboter beginnen nun, in der realen Welt zu arbeiten. Amazon, testet Digit, einen von Agility Robotics gefertigten Roboter, der seinen Lagerarbeitern bei repetitiven Aufgaben hilft. Digit, fast zwei Meter groß, mit dünnen Vogelbeinen und einem flachen, röhrenförmigen Kopf, kann leere gelbe Behälter von einem Regal zu einem nahegelegenen Förderband tragen.

  • Eine im November 2023 von Robert Riener, Luca Rabezzana und Yves Zimmermann von der ETH Zürich veröffentlichte Studie verglich die Leistung von 27 humanoiden Robotern mit der von Menschen. Sie fanden heraus, dass Roboter auf funktionaler Ebene Menschen übertreffen.

    • Das ist kaum überraschend: Viele Motoren können länger arbeiten und mehr Gewicht heben, ohne zu ermüden, als menschliche Muskeln; Kohlefaser, die zum Bau moderner Roboter verwendet wird, ist so konstruiert, dass sie mehr Belastung aushält als Knochen.

  • Aber obwohl Roboter wie Menschen gehen, rennen und Treppen steigen können, können die meisten Roboter, gemessen an Größe, Gewicht oder Energieverbrauch, nicht die Effizienz oder Geschwindigkeit des menschlichen Körpers erreichen (Was auch als Moravecschen Paradoxon bekannt ist, das besagt, dass Aufgaben, die für Menschen einfach sind, für Maschinen äußerst schwierig sein können. Das Paradoxon ist nach Hans Moravec benannt, einem in Österreich geborenen Roboterexperten benannt).

Quelle: Ecomonist

Wo Roboter eingesetzt werden können

Egal wo ich war und mit wem ich gesprochen habe, immer wieder waren es Start-ups, die Roboter aus den unterschiedlichsten Bereichen entwickelten.

  • Fertigung:

    • Logistik, Paletten, Picking, etc.

  • Medizin und Gesundheitswesen

    • Chirurgie: Präzise chirurgische Eingriffe mit robotergestützten Systemen

    • Pflege: Assistenzroboter zur Unterstützung von Pflegekräften und Patienten

  • Landwirtschaft

    • Ernte: Erntemaschinen, die Pflanzen ernten und sortieren

    • Pflanzenschutz: Drohnen und Roboter zur Überwachung und Pflege von Pflanzen

  • Dienstleistungssektor

    • Gastgewerbe: Roboter als Servicemitarbeiter in Restaurants und Hotels

    • Reinigung: Automatisierte Reinigungssysteme für Gebäude und öffentliche Räume

    • Kochen, Massage, Nagelstudios,….

  • Bauwesen

    • Mauerwerks- und Betonarbeiten: Automatisierte Systeme für die Errichtung von Wänden und Betonierungen

Den Fokus auf Roboter merkt man auch beim Investorenverhalten. Neben dem Schwerpunkt Künstlicher Intelligenz sind es vor allem die Roboter, die das Geld anziehen. Laut CB Insights, ein Datenanbieter, sind seit 2020 mehr als 2,3 Milliarden US-Dollar in Startups geflossen sind, die humanoide Roboter bauen.

Wie Roboter unsere Produktionen verändern werden

Meiner Meinung nach werden Roboter vor allem im Bereich der Fertigung einen großen Unterschied machen. Warum? Gerade in Österreich sind die Arbeitskosten enorm, gleichzeitig wird es immer schwieriger, Personal zu bekommen. Zudem gibt es arbeitszeitliche Rahmenbedingungen, die große Einschränkungen mit sich bringen. Und nicht zu vergessen: Menschen in der Fertigung können immer noch viele Fehler übersehen.

Durch den Einsatz von Robotern können Unternehmen diese Herausforderungen überwinden. Roboter arbeiten rund um die Uhr, ohne Pausen oder Müdigkeit, was die Produktivität erheblich steigert. Sie sind in der Lage, mit hoher Präzision und Wiederholgenauigkeit zu arbeiten, wodurch die Qualität der Produkte konstant hoch bleibt und die Fehlerquote sinkt. Wo können Sie eingesetzt werden?

Eigentlich überall dort wor Menschen noch händisch ihre Arbeitsschritte setzen, können Roboter eingesetzt werden, sind dabei aber auf Grund der unglaublichen Fortschritte der letzten Monate nicht mehr nur auf einfache Tätigkeiten reduziert, wie zum Beispiel:

  • Automobilindustrie: Schweißen, Lackieren, Montage von Teilen

  • Elektronikfertigung: Bestücken von Leiterplatten, Zusammenbau von Elektronikgeräten

  • Verpackungsindustrie: Sammeln, stappeln, sortieren oder überprüfen

  • Logistik und Lagerhaltung

    • Kommissionierung und Sortierung: Automatisierte Lagerhaltungssysteme, Roboter für das Sortieren und Kommissionieren von Produkten

    • Transport: Führen von Transportfahrzeugen innerhalb von Lagern

Wann und warum rentiert sich ein Roboter?

Bisher haben sich die Investitionen kaum gerechnet, das die Einführung von Robotern sehr aufwendig war und man eigentlich viele eigene Ressourcen verwenden musste, wie zum Beispiel Datenanalysten oder Roboterexperten. Das hat sich aber die letzten Wochen grundlegen geändert und nun kann man sagen, dass sich eine Roboter bald rechnet:

  • Return on Investment (ROI): Eigentlich sind diese Rechnungen ganz einfach, denn laut einer Studie von McKinsey & Company können Unternehmen, die in Roboter investieren, innerhalb von 1 bis 2 Jahren einen ROI von bis zu 200% erzielen.

  • Reduzierung von Arbeitsunfällen: Durch den Einsatz von Robotern zur Durchführung gefährlicher Aufgaben können Arbeitsunfälle um bis zu 70% reduziert werden, was nicht nur die Sicherheit erhöht, sondern auch Kosten für Krankenstände und Versicherungen senkt.

  • Jedes Produkionsunternehmen kann sich ausrechnen, wieviel Ihnen eine Arbeitskraft im Jahr kostet und ab wann sich ein Roboter rentiert, der je nach Funktionalität, Ausstattung und Qualität zwischen 60.000,- bis 140.000,- Euro kostet.

Der Markt boomt, und wir stehen erst am Anfang einer gewaltigen Revolution im Fertigungsbereich, davon bin ich überzeugt. Wir leiden unter Arbeitskräftemangel, der in den nächsten Jahren aufgrund des demografischen Wandels noch intensiver wird, und niemand will eigentlich stupide, repetitive Arbeit machen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der globale Markt für Industrieroboter bis 2027 voraussichtlich ein Volumen von über 70 Milliarden USD erreichen wird, was einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von etwa 9 % entspricht.

Was macht das mit uns Menschen?

Immer wenn ich im Freundeskreis hie in Österreich über die aktuellen Entwicklungen spreche, erlebe ich eine Konstante: Widerstand, Kritik und Angst. Viele Menschen können damit überhaupt nicht umgehen, haben Angst um Ihren Job, oder sind einfach nur gekränkt, weil Ihre Identität von der eigenen Leistung abhängt.

Das erinnert mich immer an einen tollen Aufsatz im Buch "Nicht gerettet: Versuche nach Heidegger" von Peter Sloterdijk , wo er sich mit dem Werk und den Ideen von Martin Heidegger auseinandersetzt. Ein wichtiges Thema in Heideggers Werk ist die Auseinandersetzung mit der Technik. Sloterdijk analysiert Heideggers Kritik an der modernen Technik und erweitert diese Diskussion auf aktuelle technologische Entwicklungen.

  • Sloterdijk greift dabei die Idee von Sigmund Freud auf, der drei große narzisstische Kränkungen des Menschen beschrieb: die kopernikanische, die darwinistische und die freudsche Kränkung (Die kopernikanische Kränkung offenbart, dass die Erde nur ein Planet unter vielen ist, die darwinistische Kränkung zeigt, dass der Mensch durch Evolution Teil des Tierreichs ist, und die freudsche Kränkung erkennt an, dass menschliches Verhalten stark von unbewussten Trieben und Prozessen beeinflusst wird).

Sloterdijk erweitert diese Liste um eine vierte Kränkung durch die Maschinen und die moderne Technologie.

  • Sloterdijk argumentiert, dass die rasante Entwicklung der Technologie und der Maschinen eine neue Art der Kränkung darstellt, da sie die menschliche Überlegenheit und Einzigartigkeit in Frage stellt. Maschinen und Künstliche Intelligenz (KI) übernehmen zunehmend Aufgaben, die traditionell als Domäne des Menschen galten.

  • Eine zentrale Idee ist, dass die Menschen lange Zeit glaubten, die Technologie und Maschinen vollständig kontrollieren zu können. Diese Illusion wird jedoch durch die fortschreitende Automatisierung und die Entwicklung autonomer Systeme erschüttert.

  • Sloterdijk beschreibt, wie der Mensch durch die Maschinen einen Teil seiner Exklusivität verliert. Aufgaben, die einst nur von Menschen erledigt werden konnten, werden nun effizienter und präziser von Maschinen ausgeführt.

    Dies führt zu einer Identitätskrise und einer Infragestellung des eigenen Wertes und der eigenen Fähigkeiten. Ich selber merke das, wenn ich einen Artikel wie diesen schreibe oder eine Recherche mache, das alles kann Maschine oft besser und schneller.

Ausblick

Wir leben in aufregenden Zeiten, in denen viele Jobs durch Roboter ersetzt werden, einfach weil sie schneller und billiger sind – davon bin ich überzeugt. Was wir aber nicht ersetzen können, sind Liebe, die Verbindung zu anderen Menschen, Empathie und Emotionen.

  • Daher bin ich absolut überzeugt, dass Massage- oder Kochroboter keine Zukunft haben werden, denn wir Menschen brauchen den Kontakt zu anderen Menschen.

  • Bei den anderen maschinellen Leistungen müssen wir unsere narzisstische Kränkung in den Griff bekommen und die dadurch frei gewonnene Zeit für etwas anderes und Sinnvolleres verwenden. Vor allem wird durch eine erhöhte Produktivität unsere Wertschöpfung gesteigert – das war schon immer so und wird immer so bleiben.

Wir leben in Zeiten der Transformation. Wenn Produktionsunternehmen wettbewerbsfähig bleiben wollen, müssen sie sich jetzt mit diesem Thema auseinandersetzen, ob sie wollen oder nicht. Das Silicon Valley entwickelt sich gerade aufgrund der neuesten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz zum Hotspot für Roboter. Wir sind schon sehr gespannt, wie die Roboter bei unserer nächsten Silicon Valley Lernreise im Oktober aussehen werden.

Autor: Werner Sattlegger, Founder Art of Life

Literaturtips:

Veranstaltungstip: Nächste Lernreise ins Silion Valley, 14,-18.Oktober

 

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.