Macht uns Künstlicher Intelligenz wirklich produktiver?

Wenn ich in San Francisco bin, beginnt es nach etwa zwei Wochen – der unaufhörliche Energieschub. Jeder arbeitet an etwas Großem, überall wird groß gedacht, und es herrscht dieser ansteckende, vibrierende Optimismus, den man an jeder Ecke spürt. Überall sieht, hört und riecht man, wie diese Technologie die Arbeitswelt revolutionieren wird. In den Bars spekulieren die Leute darüber, wann Maschinen intelligenter als Menschen werden.

Aber wenn ich dann wieder, so wie jetzt im Sommer, in Österreich und Kärnten bin, dann ist es wie eine Reise in eine Zeitverzögerung. All das scheint hier niemanden zu interessieren; der Sommer und das leichte Leben regieren die Wochen im Juli.

Wenn ich eines im Silicon Valley gelernt habe, dann ist es die Fähigkeit, Hypothesen zu überprüfen. Mich hat interessiert, ob KI wirklich unsere Arbeit revolutioniert, und ich habe dies untersucht. Hier sind meine Schlussfolgerungen.

Ausgangslage

Die fünf großen Technologieunternehmen – Alphabet, Amazon, Apple, Meta und Microsoft – investieren immense Summen in KI. Dieses Jahr allein sollen es schätzungsweise 400 Milliarden Dollar sein, vor allem in KI-bezogene Hardware, Forschung und Entwicklung.

  • Es gilt als ausgemacht, dass KI die Weltwirtschaft verändern wird. Um ihr Potenzial voll auszuschöpfen, müssen Unternehmen weltweit die Technologie anpassen und produktiver werden.

  • Investoren haben den Marktwert der großen Technologieunternehmen um mehr als zwei Billionen Dollar erhöht – was einem zusätzlichen Jahresumsatz von 300 bis 400 Milliarden Dollar entspricht. Aber momentan sind die Technologiegiganten weit von solchen Ergebnissen entfernt.

  • Optimistische Analysten schätzen, dass Microsoft in diesem Jahr etwa 10 Milliarden Dollar mit generativer KI umsetzen wird. Abseits der amerikanischen Westküste gibt es kaum Anzeichen dafür, dass KI irgendeinen großen Einfluss hat.

Hürden und Herausforderungen

Ein großes Problem ist die Geschwindigkeit der Einführung. Viele Unternehmen veröffentlichen Schätzungen darüber, wie viele Menschen generative KI nutzen.

  • Laut einer aktuellen McKinsey-Umfrage nutzen fast zwei Drittel der Unternehmen die Technologie regelmäßig – fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Ein Bericht von Microsoft und LinkedIn stellt fest, dass 75 % der weltweiten Wissensarbeiter (Menschen, die den ganzen Tag vor dem Computer sitzen) KI nutzen.

  • In der Praxis bleibt die Einbindung von KI in Geschäftsprozesse ein Nischenthema. Offizielle Statistiken (Die besten Schätzungen liefert das amerikanische Census Bureau) zeigen, dass nur 5 % der amerikanischen Unternehmen in den letzten zwei Wochen KI eingesetzt haben. Auch in anderen Ländern sieht es ähnlich aus. In Kanada nutzten in den vergangenen zwölf Monaten 6 % der Firmen KI, in Großbritannien 20 %.

Skepsis und Vorsicht in der Nutzung

Bedenken hinsichtlich Datensicherheit, voreingenommener Algorithmen und Fehlern verlangsamen die Einführung. McDonald's brach einen Versuch ab, KI zur Aufnahme von Bestellungen zu nutzen, nachdem das System Fehler machte. Viele Firmen zögern mit großen Projekten, weil sich KI so schnell entwickelt und Investitionen schnell veralten könnten.

  • Unternehmen, die über das Experimentieren hinaus sind, nutzen generative KI meist in einem engen Aufgabenspektrum, wie der Optimierung des Kundendienstes oder für Marketingzwecke.

  • Manche Firmen wie Klarna behaupten, KI übernehme die Arbeit vieler Mitarbeiter, doch oft überlagern andere Faktoren diese Veränderungen. Tatsächlich zeigen makroökonomische Daten keine Anzeichen für massenhafte Entlassungen durch KI. Die Arbeitslosigkeit ist niedrig, und das Lohnwachstum bleibt stark.

  • Goldman Sachs hat einen Börsenindex erstellt, der Unternehmen abbildet, die nach Ansicht der Bank „die größte geschätzte potenzielle Veränderung des Basisgewinns durch die Einführung von ki durch erhöhte Produktivität“ aufweisen. Seit Ende 2022 haben die Aktienkurse dieser Unternehmen den breiteren Aktienmarkt nicht übertroffen (siehe Grafik ).

    • Mit anderen Worten: Die Anleger sehen keine Aussicht auf zusätzliche Gewinne. Die Technologie könnte die Führungskräfte sogar von dringlicheren Angelegenheiten ablenken.

Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt

Tatsächlich gibt es in den makroökonomischen Daten keine Anzeichen für eine Welle von Entlassungen. IWF-Chefin Kristalina Georgieva warnte kürzlich, dass die künstliche intelligenz den Arbeitsmarkt wie ein „Tsunami“ treffen werde.

  • Derzeit liegt die Arbeitslosigkeit in den Industrieländern jedoch unter 5% und damit nahe einem historischen Tiefstand. Der Anteil der Arbeitnehmer in den Industrieländern, die einen Job haben, ist nahe einem historischen Höchststand. Auch das Lohnwachstum bleibt stark, was sich nur schwer mit einem Umfeld vereinbaren lässt, in dem die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer angeblich schwindet.

Produktivitätsschub bleibt aus

Makroökonomische Daten zeigen auch keinen deutlichen Produktivitätsschub durch KI. Investitionen in KI sind gering, und die realen Unternehmensinvestitionen steigen kaum. Auch in den Industrieländern verlangsamen sich die Investitionen.

Die experimentellen Schätzungen deuten darauf hin, dass das Wachstum der Arbeitsproduktivität im Jahr 2023 in den OECD-Ländern (ohne die Türkei) durchschnittlich etwa 1,4 % betragen wird. Dies liegt nahe am Durchschnitt des langen Zeitraums von 2001 bis 2019. Diese Schätzungen sind jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet.

  • Europa und Asien: Das Wachstum der Arbeitsproduktivität wird in den meisten europäischen und asiatischen OECD-Ländern für 2023 als moderat eingeschätzt, mit durchschnittlich 1,5 % in Europa und 1,8 % in Asien.

  • Vereinigte Staaten: In den USA wird ein beträchtlicher Anstieg des Produktivitätswachstums von -1,6 % im Jahr 2022 auf 1,5 % im Jahr 2023 erwartet. Die Schwankungen im Produktivitätswachstum während der COVID-19-Zeit verschleiern jedoch die Signale in Kanada.

Aber was ist da los, warum sieht man die Produktivität nicht in Zahlen?

Produktivitätsparadoxon

Dieses Phänomen wurda als Produktivitätsparadoxon bekannt und wurde von Robert Solow, einem US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger, erstmals beschrieben. In einem berühmten Zitat aus dem Jahr 1987 sagte Solow: „You can see the computer age everywhere but in the productivity statistics.“

  • Diese Beobachtung betraf die Diskrepanz zwischen der weitverbreiteten Einführung von Computern und Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und dem stagnierenden Produktivitätswachstum.

Was sind die Ursachen?

  • Lernkurve und Anpassung: Neue Technologien erfordern oft eine Phase des Lernens und der Anpassung, bevor sie vollständig genutzt werden können. Mitarbeiter müssen geschult werden, und Arbeitsprozesse müssen angepasst werden, um die neuen Technologien effizient zu integrieren.

  • Verborgene Kosten: Die Einführung neuer Technologien kann versteckte Kosten verursachen, wie z.B. Schulungskosten, Umstrukturierungskosten und vorübergehende Produktivitätseinbußen während der Übergangsphase.

  • Zeitverzögerung: Die Benefits dauern, viele wollen nicht so lange warten.

Vielleicht erkennen Unternehmen erst mit der Zeit das volle Potenzial von KI. Viele Technologiewellen brauchen Zeit, bis sie sich ausbreiten. Anleger erwarten, dass die großen KI-Gewinne erst nach 2032 erzielt werden.

Fazit

Die Erwartungen an Künstliche Intelligenz sind groß, aber ihre Umsetzung und der tatsächliche wirtschaftliche Einfluss bleiben bisher noch hinter den Erwartungen zurück. Viele haben Angst auf das falsche Pferd zu setzen, andere scheuen die Anfangsinvestitionen und wieder andere wollen lieber das Bestehende bewahren.

Auch wenn wir es in den Zahlen noch nicht sehen, wir werden es sehen und das wahrscheinlich schon früher als uns lieb ist.
Wollen Produktionsunternehmen wettbewerbsfähig bleiben, müssen sie sich jetzt mit diesem Thema auseinandersetzen, ob sie wollen oder nicht. Das Silicon Valley entwickelt sich gerade aufgrund der neuesten Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz zum Hotspotgespannt, wir sind schon sehr gespannt, was wir bei unserer nächsten Silicon Valley Lernreise im Oktober alles kennenlernen werden.

Autor: Werner Sattlegger, Founder Art of Life

Literaturtips:

Veranstaltungstip: Nächste Lernreise ins Silion Valley, 14,-18.Oktober

 

Autor: Werner Sattlegger
Founder & CEO Art of Life

Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.