Rauf auf die Bühne

 

WAS HAT DAS ALLES NUR MIT MIR ZU TUN?

Eine durchaus berechtigte Frage, wenn Sie hier Gast auf der Seite von Art-of-Life sind und dabei die ersten beiden Einträge meines Blogs verfolgt haben. Ok, werden Sie vielleicht sagen, mir wurde hier vom Bühnenerlebnis des Oliver Welter berichtet, von seiner positiven, persönlichen Veränderung durch die Bühne. Und mir wurde gesagt, denken Sie womöglich weiter, dass die Bühne ungeheure Kraft entwickeln kann. Sie kann ein Ort sein, der uns zu wachsen lässt, unser eigenes Bewusst- und Selbstbewusstsein schärft und stärkt, und uns anders über persönliche „Defizite“, Hindernisse, Versäumnisse und dergleichen denken lässt. Die Bühne ist ein Ort, der uns sein lässt, was auch immer wir uns vorstellen. So viel haben Sie erfahren. Dass die Bühne aber obendrein auch noch die unverstellte Abbildung und ein ungetrübter Spiegel der Realität ist, das wussten Sie bis dato nicht. Zumindest habe ich Ihnen davon noch nicht berichtet. Und auch noch nicht, was das denn möglicherweise mit Ihnen zu tun hat.

Die Bühne - das echte Leben

Jeder von uns war zumindest schon einmal im Theater. Und jeder von uns hat schon einmal einem Live-Konzert beigewohnt. Die meisten von uns schon mehrere Male. Und alle waren wir ergriffen, berauscht, entführt oder verzaubert durch imposante Bühnensettings, opulente Kostüme, brillante Darstellung oder himmelsgleiche Musik. Eine andere Welt haben wir gesehen. Stimmt. Zum Teil. Wir waren nämlich auch Zeugen einer Abbildung von Realität und Wirklichkeit. Kein Königsdrama von William Shakespeare, das uns nicht einen sehr realistischen Blick auf Machenschaften, Politik, Intrigen etc. an einem nur namentlich frei erfundenen Königshaus gewährt. Wenn Goethe im Faust seinen tragischen Helden für ewige Jugend seine Seele verkauft, dann ist das doch nichts weniger, als die exakte Abbildung dieses größten und immer währenden Menschentraums.

Oder nehmen wir Frank Sinatra, der im Spätherbst seines Schaffens „My way“ singt und darüber besser Bescheid weiß als jeder andere. Schließlich ist und war es sein Weg und seine eigene Realität. Und wenn Andreas Gabalier (hier geht es nicht um persönliche Geschmäcker!) in seiner Musik über seine geliebte Heimat singt, so tut er dies, weil er seine Sicht der Dinge, also seine Realität und die seiner Umgebung vermitteln will. Ob mir das persönlich nun gefällt oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Auf der Bühne, da findet vieles statt. Vor allem das echte Leben!

Proben, probieren, versuchen und tun

So ziemlich alles, das einem Publikum präsentiert wird, wurde zuvor geprobt. Oftmals spielerisch, oftmals unter viel Müh und Qual. Aber, wie auch immer der Weg bis zu einer Premiere verlief, es wurde zuvor geprobt. Es wurde probiert. Denn proben bedeutet nichts anderes als probieren. Und probieren bedeutet, sich einer Sache nicht ganz sicher zu sein und verschiedene Möglichkeiten zu diskutieren, zu testen, auszuloten, eben zu probieren, um schlussendlich durch einen gefundenen Weg zum gewünschten Ziel zu gelangen. Damit die Zuseher nach der Premiere eines Theaterstücks begeistert applaudieren, musste jeder der Darsteller seinen Weg, seinen Part im Stück durch proben und probieren finden. Und das nicht als Solist, sondern als Teil eines Teams, das auf der Bühne - also bei der Arbeit! - nur so gut ist, wie sein schwächstes Glied und nur dann zur Höchstform auflaufen kann, wenn jeder einzelne seine Grenzen erreicht oder sogar darüber hinauszugehen im Stande ist. So funktioniert ein Team, ob auf oder abseits der Bühne. Es ist ein organisches, flexibles Gebilde, das jedem seinen Raum lässt, jeden agieren lässt, dabei aber niemals den Fokus auf das eigentliche Ziel verliert. Alle Solisten zu einem Team zu formen und ein definiertes Ziel zu verfolgen, das ist die große Kunst. Und dafür braucht es zumeist einen Spielleiter, einen Regisseurs. Eine Person, die ihre Arbeit versteht. Auf oder abseits der Bühne!

Rauf auf die Bühne

Ich habe keine Ahnung, was Sie, geschätzter Leser, beruflich tun. Aber die Vermutung, dass Sie als Teil eines Teams arbeiten oder vielleicht sogar eines leiten, liegt nahe. Wenn dem so ist, dann wissen Sie ganz genau um die Dinge, von denen ich eingangs gesprochen habe. Sie wissen um die Möglichkeiten eines Teams. Sie wissen aber auch, dass es einiges an Anstrengung, Arbeit und den sprichwörtlich langen Atem bedarf, um mit einem Team erfolgreich ins Ziel zu laufen. Wie bei der Theaterarbeit muss auch hierbei jedes Rädchen ins andere zahnen, muss das ganze Getriebe irgendwann rund und flüssig laufen. Auf der Theaterbühne heißt das: Jeder der Darsteller weiß, dass er nur im Zusammenspiel mit den anderen brillieren kann. Und er ist sich bewusst, dass ein großer Theaterabend ein präzise ineinander verwobenes System verschiedenster Disziplinen (Schauspiel, Regie, Bühnenbild, Kostüm,) ist. Also nichts anderes als jedes andere Team eines Betriebes oder einer Organisation auch. Mit anderen Worten, ein Theaterteam ist ein Team das, wie jedes andere auch, zusammen arbeitet. Mit einem entschiedenen Vorteil: Das Team im Theater darf und soll probieren, soll neue und andere Wege einschlagen, als die längst bekannten. Es darf sich irren, es darf Fehler machen, es darf anders und einzigartig sein. Und ebenso sollte es in allen anderen Bereichen, wie etwa der Wirtschaft oder der Bildung auch sein. Deshalb: rauf auf die Bühne, lernen neue Wege zu gehen, neue Erkenntnisse gewinnen, neues Bewusstsein für Dinge erkennen.

Jeder von uns - rauf auf die Bühne! In einem Experiment, in einem Workshop, in einem Seminar. Was auch immer. Auf die Bühne! Wie konkret, das schildere ich Ihnen beim nächsten Mal.

Seien Sie mutig. Seien Sie fokussiert.

Herzlich,

Oliver Welter

Autor: Oliver Welter  Leadsänger Naked Lunch, Bühnenautor und Komponist.

Autor: Oliver Welter
Leadsänger Naked Lunch, Bühnenautor und Komponist.