Podcast 33: Art of Storytelling
Ach, wie haben wir es als Kinder geliebt Geschichten zu erzählen, dieses Aufbrechen in ein unbekanntes Land, die Abenteuer und die Prüfungen, die Zeit ist wie im Fluge vergangen, wenn wir Geschichten gehört haben. Wir erleben dies nun wieder mit unserem Sohn Moritz, der stundenlang Geschichten hören kann und uns damit wieder auf den Mythos Geschichten bringt.
So haben wir als Familie begonnen wieder Harry Potter und Herr der Ringe zu schauen, ich bin begeistert, wie diese Geschichten fesseln, konfrontieren und berühren. Mich beginnt das Phänomen “Geschichte” zu begeistern, vor allem der Konnex zum Unternehmertum, da wir im Silicon Valley immer wieder Geschichten über die Gründung der Start-ups hören.
Warum Geschichten so wirkmächtig sind und warum sie für Unternehmen so wichtig sind, darum geht es im heutigen Podcast mit Manuela und Werner Sattlegger, viel Freude beim Lesen und Hören.
Die Geschichte der Gründung der Art of Life
Es ist der Februar 2005 und ich (Werner Sattlegger) bin mit Freunden bei einem Skitourenwochenende am Arlberg. Ich teile mein Zimmer mit einem guten Bekannten, CEO und Buchautor, sehr reflektiert und brillanter Analytiker. Ich erzähle ihm von meiner Unzufriedenheit im Job und der Tatsache, dass ich eigentlich gar nicht weiß, was ich in meinem Leben noch beruflich will. Ich hatte nicht am Radar, dass es Zeiten der Orientierungslosigkeit geben kann, wo man auch nicht wissen kann, wohin man eigentlich möchte.
In den vielen Gesprächen dieses besagten Wochenendes hörte ich auf einmal das Wort Sabbatical, das mich nicht mehr los gelassen hat:
„Sechs Jahre kannst du in deinem Land säen und die Ernte einbringen; m siebten sollst du es brach liegen lassen und nicht bestellen“ Ex 23ff. so steht es in der Bibel als Hinweis, dass es auch Zeiten geben muss, wo nichts getan wird und man Dingen seine eigene Ordnung überlässt.
Dem bin ich mit einem Gefühl der Unsicherheit gefolgt, denn die sozialen Sanktionen waren brutal. Ich kam aus einem Managementjob und dann “Nichts zu tun” war und ist mit einer Leistungsgesellschaft nur sehr schwer kompatibel. Aber am Ende des Sabbaticals war das Jahr gefüllt mit unglaublichen Erfahrungen, einem Jakobsweg und der inneren Gewissheit, dass ich genau wusste, was ich nicht mehr wollte.
Gleichzeitig bekam ich wieder Zugang zu meinem eigenen Ressourcen wie Vertrauen und Intuition. Das hat mich bestärkt radikal meinen Interessen zu folgen, ich kündigte meinen Job und gründete mein eigenes Unternehmen - Art of Life. Mit großer Leidenschaft vernetze ich nun Menschen, setze neue Impulse durch Lernreisen oder Masterclasses, folge meiner Passion des Schreibens - und immer steht persönliche und unternehmerische Entwicklung im Mittelpunkt.
Was ist eigentlich eine Geschichte?
Geschichten haben in unserem Kulturkreis oft einen negativen Anstrich – das ist ein “Gschichtldrucker” wird immer gleich mit Übertreibung und Maßlosigkeit verbunden. Aber das Gegenteil ist der Fall, so wie der amerikanischer Schriftsteller, Professor für Literaturwissenschaft und Mythenforscher, Joseph Campbell (geboren am 26. März 1904 und am 30. Oktober 1987 verstorben) in seinen Forschungen festgestellt hat.
Er ist am besten bekannt für seine Arbeit auf dem Gebiet der vergleichenden Mythologie und seine Theorie der Monomythos, die er in seinem Buch "The Hero Wirth a Thousand Faces" (1949) präsentiert hat. In diesem Werk beschreibt Campbell das Konzept der Heldenreise, das sich durch verschiedene Kulturen und Epochen zieht, universell und archetypisch, vor allem zeitlos ist.
Die Heldenreise folgt einem bewährten Muster: Ein gewöhnlicher Mensch wird durch unerwartete Ereignisse zu etwas Besonderem, begibt sich auf ein Abenteuer, trifft auf Freunde und Feinde, überwindet Herausforderungen und Prüfungen, kehrt schließlich mit neuer Weisheit in seine Welt zurück.
Heldenreise - wie ist der Ablauf?
Nach der Forschung von Campell haben Heldenreise haben eine Struktur, die wie folgt aussehen:
Die gewöhnliche Welt: Der Held lebt sein normales Leben in seiner gewohnten Umgebung, ist meistens in einer Komfortzone. Das kann ein sicherer Job sein, eine Beziehung oder ein Wohnort sein.
Der Ruf zum Abenteuer: Der Held wird durch eine Herausforderung, ein Ereignis oder eine Person aus seiner gewöhnlichen Welt und Komfortzone herausgerufen und dazu aufgefordert, sich auf etwas Neues oder Abenteuer einzulassen. Es beginnt immer mit einem Ruf des Unbekannten – das kann eine Dissertation, ein Buch, eine Stellung als Führungskraft oder ein Ortswechsel sein.
Die Weigerung des Rufes: Der Held zögert zunächst, dem Ruf zum Abenteuer zu folgen, aus Angst, Unsicherheit oder anderen Gründen. Das sind die klassischen Widerstände, die eigenen Sorgen, wie z. B. “soll ich das machen oder bleibe ich in meiner Komfortzone?”
Begegnung mit dem Mentor: Der Held trifft auf einen weisen Ratgeber oder Mentor, der ihm Unterstützung, Rat und Anleitung bietet, um sein Ziel zu erreichen. Das kann aber auch ein Impuls oder eine innere Ressource sein, bei mir war es mein eigenes Vertrauen und Glauben, dass ich meinen Fähigkeiten trauen kann.
Überquerung der ersten Schwelle: Der Held entschließt sich, sein gewohntes Leben hinter sich zu lassen und sich auf die Reise zu begeben, um die Herausforderungen anzunehmen. Man setzt hier einen Akt, den man nicht mehr rückgängig machen kann: Der Termin beim Verlag, oder die Flugbuchung für die Weltreise oder die Kündigung – harte Schritte zu setzen, die nicht man nicht mehr rückgängig machen kann. Meiner Erfahrung nach waren die Fantasien, was alles passieren kann viel weniger schlimm, als sie dann tatsächlich eingetroffen sind.
Prüfungen, Verbündete und Feinde: Der Held trifft auf Verbündete, Feinde und Hindernisse auf seinem Weg, die ihn auf die Probe stellen und sein Wachstum fördern.
Die Prüfung: Der Held tritt der größten Herausforderung gegenüber, stellt sich seinen Ängsten und überwindet sie, oft durch Opfer oder persönliche Entwicklung.
Die Belohnung: Der Held erlangt die Belohnung, die er gesucht hat, sei es materieller Gewinn, persönliche Erkenntnis, eine Anerkennung oder eine persönliche Entwicklung.
Die Rückkehr mit dem Elixier: Der Held kehrt mit der Belohnung, dem Wissen, der neuen Erfahrung oder dem neuen Reifegrad aus seiner Reise in die gewöhnliche Welt zurück und teilt es mit anderen.
Die Rückkehr zum gewöhnlichen Leben: Der Held kehrt endgültig in sein normales Leben zurück, aber mit einer veränderten Perspektive und einem tieferen Verständnis seiner selbst und seiner Welt.
Es handelt sich dabei um Entwicklungsschritte, die universell sind – eine Art von Initiation, durch die man durchgehen sollte, um dadurch zu wachsen und zu reifen.
storytelling - geschichten von unternehmen
Aber diese Phänomene sind ebenso für Unternehmen gültig, denn dort finden auch immer Veränderungen oder Entwicklungsschritte statt, egal in welcher Form.
Im Businessleben sehen wir viele dieser Geschichten,
wie z.B. das Entgegenstemmen von Apple Anfang der 80er gegen den übermächtigen Wettbewerber IBM, der sogar arrogant genug war, ein Kooperationsangebot von Steve Jobs auszuschlagen.
Oder die Kaufleute Friedrich Bayer und der Färber Johann Friedrich Weskott, die herausfinden finden, wie man den Farbstoff Fuchsin herstellt, und gründen den Chemiekonzern Bayer.
Oder Thomas Alva Edison benötigte über 1.000 Versuche, um die passende Legierung für den Draht der Glühbirne zu finden –, und legt den Grundstein für das Ingenieursunternehmen General Electrics (GE).
Oder bei allen Plattformökonomien wie z.B. Uber oder AirBnB, wo am Anfang immer eine konkrete Herausforderung stand (Uber-Mobilität, AirBnB-Unterkunft), die die Motivation für die Gründung des Start-ups war.
Bei all diesen Beispielen erleben die Unternehmen die Phasen der Heldenreise, den Ruf, die Widerstände, die Prüfungen, die Belohnungen und die Veränderungen.
Geschichten sind aber kein Marketingag oder ein neuer Trend, um Umsatzzahlen zu steigern oder bessere Absatzmärkte zu gewinnen. Sondern sie sind schlichtweg eine wunderbare Möglichkeit, das Textbuch des eigenen Lebens und Unternehmens zu schreiben, damit Kunden, Mitarbeiter oder Steakholder zu bewegen und zu berühren.
Aber niemand kommt aus, Geschichten für sich selber zu schreiben, egal ob Du Dich als Lehrling vorstellst, oder ein neuer Job als Führungskraft wartet, denn es geht immer um folgende Fragen:
Was macht Dich aus, was unterscheidet Dich von Anderen?
Was kannst Du vielleicht besser als andere?
Was bewegt Dich, was ist Dir wichtig?
Die eigenen Geschichte zu erfahren, zu spüren und einzuordnen, das kann weder KI noch ChatGPT. Das erfordert Selbsterkenntnis und Selbstreflexion, die man entwickeln kann. Was immer sehr hilft ist das Schreiben von Tagebücher oder die Wahrnehmung von Erfahrungen im Alltag.
Ausblick
Gerade wenn Künstliche Intelligenz immer mehr nach vorne drängt, werden Geschichten immer wichtiger. Aber nicht Geschichten, die eine Markenagentur für Dich erfindet, sondern Geschichten die authentisch, erlebt und gefühlt sind. Gerade jetzt ist dafür eine gute Zeit.
Tip: Executive Silicon Valley Learning Journey, 03.-07. Juni, 2024
Werner Sattlegger: “Die Kunst reifer Führung”, 2022
Art of Life Podcast Folge #33 anhören:
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Experte für digitale Entwicklungsprozesse, wo er europäische mittelständische Familien- und Industrie-unternehmen von der Komfort- in die Lernzone bringt. Leidenschaftlich gerne verbindet er Menschen und Unternehmen, liebt die Unsicherheit und das Unbekannte, vor allem bewegt ihn die Lust am Gestalten und an Entwicklung.